Der Schrei der Wildgänse!

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Volker Weßbecher/ FAWpress

Ein Schauspiel der besonderen Art konnten Spaziergänger am Donnerstag, 14. Februar 2019, bei herrlich mildem und sonnigen „Frühlingswetter“, zwischen Stollhofen und Sinzheim bei Baden-Baden, bewundern. Direkt an der Verbindungsstraße der beiden Ortschaften hatte sich ein riesiger Schwarm von Graugänsen auf einem abgeernteten Maisfeld niedergelassen, um sich, mit den Resten der Maisernte, noch einmal richtig die Mägen vor dem Weiterflug zu füllen.

Die Graugans (Anser anser) ist eine Art der Gattung Feldgänse (Anser) in der Familie der Entenvögel (Anatidae). Graugänse zählen zu den häufigsten Wasservögeln und sind, nach der Kanadagans, die zweitgrößte Gänseart in Europa. Sie sind die wilden Vorfahren der domestizierten Hausgänse. Mitteleuropa gilt als die Region, in der diese Gans domestiziert wurde.

Die Graugans ist ein Brutvogel Nord- und Osteuropas sowie Asiens. Während des Zuges ist die Graugans in ganz Europa anzutreffen. Sie brütet in Großbritannien, ganz Fennoskandinavien außer den weit von der Küste entfernten Gebieten sowie in ganz Kontinentaleuropa nordöstlich einer Linie von Dünkirchen bis Patras in Griechenland mit Schwerpunkt in den Niederlanden, Norddeutschland, der Südküste der Ostsee sowie in einem Gebiet zwischen Österreich, Ungarn und Tschechien.

Die Überwinterungsgebiete der Graugans sind an der Westküste der iberischen Halbinsel, an den Nordküsten von Algerien und Tunesien und die Küsten der Adria. Große Populationen mit mehreren zehntausend Gänsen rasten regelmäßig im Nationalpark Neusiedlersee-Seewinkel auf den brachliegenden Wiesen.

Die Graugans ist ein Zugvogel, der für gewöhnlich im Winter nach Süden zieht. In den letzten Jahrzehnten ist eine Tendenz zu beobachten, dass Graugänse immer weiter im Norden überwintern, besonders in den Niederlanden oder überhaupt in den nicht zu weit nördlich gelegenen Brutgebieten und dadurch zu Standvögeln werden. Begünstigt wird das durch eine intensivierte Landwirtschaft, die auch im Winter genügend Nahrung auf abgeernteten oder neu eingesäten Feldern bietet, dem geringeren Jagddruck als in Südeuropa sowie eventuell dem Klimawandel.

Graugänse leben von Pflanzen, sowohl Land- wie auch Wasserpflanzen, dabei hauptsächlich von kurzen Gräsern und Kräutern sowie in geringerem Umfang von Stauden und Wurzeln. Sie sind in der Lage, mit ihrem Schnabel unterirdische Pflanzenteile auszugraben. Im Herbst und in milden Wintern suchen Graugänse bevorzugt Maisstoppelfelder auf, auf denen sie energiereiche Körnernahrung finden, welche bei der Ernte liegengelassen wurde.

Bis vor wenigen Jahrzehnten überwinterten noch fast alle Graugänse in den Marismas des Guadalquivirs und in Tunesien um den Ischkeul-See sowie in Westalgerien. Wenn sie auf dem Zug sind, bilden sie eine charakteristische V-Formation, die in sich stetig in Bewegung ist, weil einzelne Gänse ihre Plätze wechseln. Diese Formationen und der Schrei der Graugänse entzücken immer wieder auf´s Neue und regen zu Erinnerungen an die Geschichten von Nils Holgersson und den Wildgänsen an.

Text und Fotografie: Volker Weßbecher/ FAWpress