150 Jahre Palm - die Papierfabrik aus Aalen-Neukochen feiert im Jahr 2022 ihr Jubiläum und die Einweihung der weltgrößten Papiermaschine PM 5

Aalen-Neukochen. Am 16.09.2022 wurde in einem Festakt das 150-jährige Bestehen der Papierfabrik Palm am Stammsitz in Aalen-Neukochen feierlich begangen und auch die Einweihung der weltweit größten und modernsten Papiermaschine PM 5 für Wellpappenrohpapier, für die eigens in Aalen-Neukochen eine beachtlich große Halle errichtet wurde und die seit 2021 in Betrieb ist. Zudem übernimmt im Jubiläumsjahr 2022 neben Dr. Wolfgang Palm, der auf sehr erfolgreiche 40 Jahre Geschäftsführertätigkeit für die 1872 gegründete Firma zurückblicken kann, nun auch seine Tochter Dr. Marina Palm Führungsverantwortung im Familienunternehmen, das nun in 5. Generation besteht. Den Festvortrag hielt Prof. Dr. Clemens Fuest. Grußworte sprachen Aalens Oberbürgermeister Frederick Brütting und Pasí Laine, Geschäftsführer der finnischen Firma Valmet, die die Papiermaschine PM 5 herstellte, die gleich mehrere Weltneuheiten aufweist. Einen Überblick über die Historie des Unternehmens gab Dr. Wolfgang Palm und Zukunftsvisionen erläuterte Dr. Marina Palm.

Aus einer kleinen Papiermühle in Aalen-Neukochen hat das Familienunternehmen Palm von 1872 an ihr Unternehmen kontinuierlich weiterentwickelt und gilt heute als Größe im Bereich der Papierherstellung auf Altpapierbasis und der Wellpappenproduktion.

Der Gründer der Firma Palm, Adolf Palm, hatte 1872 die in Schieflage gekommene Sutor`sche Papiermühle in Aalen-Neukochen übernommen. Diese war von den Brüdern Josef und Johann Sutor 1840 als das "Neue Hammerwerk" am Zusammenfluss des Weißen und des Schwarzen Kochers gegründet worden. An einem idealen Standort, denn so konnte man neben der strategisch wichtigen Anbindung an die Eisenbahnstation in Aalen-Unterkochen auch die Wasserkraft beider Gewässer und auch den natürlichen Höhenunterschied auf ideale Weise nutzen. Und zunächst wurden in der Mühle Werkzeuge für die Landwirtschaft gefertigt, es wurden Pflugscharen, Wagenachsen, Hämmer und Pickel geschmiedet, allerdings verlegten sich die Brüder Sutor wegen der allzu großen Konkurrenz dann auf die Papierherstellung, für die ihnen aber die fachspezifischen Kenntnisse fehlten und auch das Kapital.

Der Firmengründer Adolf Palm war durch mehrere Berührungspunkte zur Papierherstellung gekommen: Durch seinen Halbbruder Carl Philipp Palm, welcher bereits erfolgreich in der Papierproduktion tätig war und die traditionsreiche „Papierfabkrik Unterkochen“ (gegründet 1613) leitete und später auch große Papierfabriken in Sachsen und Schlesien. Und auch durch seine eigene Berufserfahrung hatte Adolf Palm, der mehrere Jahre in Cannstatt in der Maschinenfabrik „Decker & Co.“ tätig war, Kontakt zu den Kunden, unter den auch Papier- und Holzschliffunternehmer waren. Impulsgebend war außerdem der Besuch der Württembergischen Landesausstellung in Ulm 1871. Und auch seine erworbenen kaufmännischen und technischen Kenntnisse befähigten ihn, ein Unternehmen zu leiten. Adolf Palm verfügte über eine gründliche schulische und berufliche Ausbildung: 1860, nach dem Abschluss der Realschule, führte ihn eine kaufmännische Lehre in ein Warenhaus in Weil der Stadt und danach arbeitete er ein Jahr lang in Ravensburg in der „Eisenhandlung und Bankhaus Joh. Jac. Dom“. Anschließend besuchte er in Kirchheim unter Teck die Handelsschule, damals eine Neuheit in Württemberg. Danach begann er, erst 20 Jahre alt, seine jahrelange Arbeit in der Maschinenfabrik der Brüder Decker in Cannstatt, wo er auf technischem und kaufmännischem Gebiet viel lernen konnte.

Adolf Palm übernimmt die Sutor`sche Papiermühle 1872 ohne tiefere Kenntnisse in der Papierherstellung zu haben, aber durch seine Charaktereigenschaften Leidenschaft, Zähigkeit und Tatkraft sowie erlernte Fähigkeiten und Fertigkeiten in Arbeits- und Denkprozessen und vor allem auch durch sein schwäbisches Tüftlertum hat er beträchtlichen unternehmerischen Erfolg erlangt. Er investiert in neue Maschinen, technische Neuerungen und entwickelt so 1873 das Qualitätsprodukt „prima zäh naturbraun Bastpapier“ für Verpackungszwecke, was dem Unternehmen zu Erfolg und Stabilität verhilft. Noch unter Adolf Palm kommt es 1876 zur Inbetriebnahme eines neuen eisernen Wasserrades und 1881 wird eine Dampfmaschine eingesetzt. 1896 wird die elektrische Beleuchtung eingeführt.

Man darf den Firmengründer Adolf Palm, der Altkleider (letztlich auch Lumpen), Altpapier und Bastverpackungen bereits 1872 nicht als Abfall, sondern als Wertstoffe betrachtete, als „Pionier der Papierherstellung aus Recyclingwertstoffen“ bezeichnen.

Und neben den weiteren Mitgliedern der Familie Palm, die nach Adolf Palm kamen, aus welcher Generation sie auch stammen, die dazu beigetragen haben, die Firma Palm zu einem sehr erfolgreichen, innovativen und inzwischen mittelständischen Unternehmen mit 4000 Beschäftigen verteilt auf zahlreiche Firmenstandorte in Europa zu machen, zeigen auch Dr. Wolfgang Palm und Dr. Marina Palm heute, dass sie das Motto „Paper is our passion“ verinnerlicht haben:

Am Stammsitz der Unternehmensgruppe Palm und der Papierfabrik Palm in Aalen-Neukochen, die sich auf die Geschäftsbereiche Recycling, Papier und Verpackung konzentrieren, entstand von 2019-2022 eine neue Papierfabrik, für die die dort bis dahin bestehende Papierfabrik komplett zurückgebaut wurde. Platz wurde gebraucht für die neue Papiermaschine PM 5, ein neues Kraftwerk auf Basis einer Gasturbine und eine neue Kläranlage.

Die PM 5 ist die weltgrößte und leistungsfähigste Papiermaschine für leichtgewichtigte Wellpappanrohpapiere, hergestellt von der finnischen Firma Valumet. Ihre Kapazität liegt bei 750.000 t pro Jahr. Die Maschinenlänge beträgt 200 Meter, ihre Nettoarbeitsbreite 10,9 Meter und ihre Betriebsgeschwindigkeit liegt bei etwa 1.800 Meter pro Minute. Ihr Wasserverbrauch ist im Vergleich zu den vorherigen Maschinen deutlich geringer und sie ist auch in ihrem Dampf- und Stromverbrauch sehr effizient. Durch Materialreduzierung können leichtere Flächengewichte erreicht werden.

Im neu aufgebauten Kraftwerk, das nach dem Prinzip der Kraft-Wärme-Kopplung arbeitet, kommt eine Hochleistungs-Gasturbine von Siemens zur Dampf- und Stromproduktion zum Einsatz, mit einem Energienutzungsgrad von 90 Prozent. Hierbei handelt es sich um eine Weltneuheit, einen völlig neu entwickelten Typ der neuesten Generation, der für eine höhere Stromerzeugung und weniger CO2-Ausstoß steht und Lastschwankungen im Stromnetz ausgleichen kann. Zusammen produzieren die Gas- und Stromturbine etwa 80 MW Strom. Hierbei kommt der weltgrößte Dampfkessel zum Einsatz.

Neben der Papierfabrik entstand eine weitere Halle mit einem neuen, großen Rollenlager. In einer vollautomatisierten Transportanlage werden die von der PM 5 kommenden Papierrollen etikettiert und über Förderbänder und Krananlagen in das Rollenlager transportiert, dort bis zu einer Höhe von 15 Meter übereinander gestapelt und gelangen von dort wiederum zur Laderampe, von wo an Bahnwagons und LKWs den Transport zum Bestimmungsort übernehmen.

Ein kleiner Rückblick in das Jahr 2011, als das Unternehmen Palm hohen Besuch bekam:
Queen Elizabeth II. besuchte 2011 die Firma Palm am englischen Standort King`s Lynn in der Grafschaft Norfolk, die "Palm Paper`s King`s Lynn Mill", als dort die weltweit breiteste und leistungsfähigste Papiermaschine für Zeitungsdruckpapier in Betrieb genommen wurde - und bei diesem Anlass konnte der Unternehmer Dr. Wolfgang Palm die britische Königin persönlich kennen lernen – und gemeinsam enthüllten sie bei der Einweihung auch eine Gedenktafel.

Dr. Wolfgang Palm blickt bei der Festveranstaltung anlässlich des Jubiläums „150 Jahre Palm“ auf die Geschichte des Unternehmens Palm zurück und erinnert sich dabei auch an so manches Kindheitserlebnis auf dem Betriebsgelände

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Diana Rasch

Dr. Marina Palm spricht bei der Jubiläumsveranstaltung über die Zukunft des Unternehmens Palm

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Diana Rasch

Text und Foto: Diana Rasch