Einsetzung und Auftrag des Untersuchungsausschusses „Linksext-remismus in Baden-Württemberg“

BAden Wuerttemberg LogoAntrag
der Fraktion der AfD und
der Fraktion ABW

Einsetzung und Auftrag des Untersuchungsausschusses „Linksext-remismus in Baden-Württemberg“

Der Landtag wolle beschließen,

einen Untersuchungsausschuss gemäß Artikel 35 der Verfassung des Landes Baden-Württemberg einzusetzen:

A.

Der Untersuchungsausschuss hat den Auftrag, umfassend zu klären, in welcher Dimen-sion der Linksextremismus in Baden-Württemberg verbreitet ist. Er soll untersuchen, ob diese linksextremen Strukturen in Baden-Württemberg von Seiten der gewesenen oder derzeitigen Landesregierung, Parteien, der Verwaltung, der Behörden oder dem Landtag toleriert, gefördert oder geschützt wurden oder werden. Es gilt dabei zu klären, ob An-knüpfungspunkte an diese Strukturen bestanden oder bestehen. Hierzu gilt es auch zu ergründen, ob eine Beeinflussung der Sicherheitsbehörden stattgefunden hat und falls ja, ob und warum ein Vorgehen sowohl gegen linksextreme Strukturen als auch Strafta-ten unterblieben ist.

I. Dabei ist insbesondere zu klären,

1. welche Erkenntnisse es darüber gibt, welche linksextremen Strukturen, Grup-pen und Initiativen in Baden-Württemberg bestehen;

2. wie sich die linksextreme Szene in Baden-Württemberg personell zusammen-setzt;

3. welche Verbindungen zwischen den ehemaligen und gegenwärtigen Regie-rungsparteien und linksextremen Strukturen bestanden oder bestehen;

4. welche Verbindungen zwischen den Jugendorganisationen der ehemaligen und gegenwärtigen Regierungsparteien und linksextremen Strukturen bestanden oder bestehen;

5. welche Verbindungen zwischen Mitgliedern der Landesregierung und linksext-remen Strukturen bestanden oder bestehen;

6. welche Verbindungen zwischen Vertretern des Landtags und linksextremen Strukturen bestanden oder bestehen;

7. welche Erkenntnisse über die Organisationsstruktur linksextremer Gruppen in Baden-Württemberg vorlagen und vorliegen;

8. welche Erkenntnisse über die Infrastruktur und die Kommunikationskanäle linksextremer Gruppen in Baden-Württemberg vorlagen und vorliegen;

9. welche Erkenntnisse zur Finanzierung linksextremer Strukturen in Baden-Württemberg vorliegen;

10. inwiefern Erkenntnisse über besetzte Liegenschaften durch Linksextreme in Baden-Württemberg vorliegen und warum diese toleriert werden;

11. ob den Sicherheitsbehörden Vorgaben zum Umgang mit linksextremen Struk-turen gemacht wurden und welche dies sind;

12. ob es Fälle gibt, bei denen linksextreme Straftaten nicht verfolgt wurden und warum dies der Fall war;

13. in welchem Umfang sogenannte V-Leute in linksextremen Strukturen einge-setzt waren und sind;

14. wie sich die Überwachung linksextremer Strukturen in Baden-Württemberg ge-staltet;

15. welche Maßnahmen die Landesregierung zur Bekämpfung linksextremer Strukturen vorgenommen hat;

16. ob die gewesene oder derzeitige Landesregierung Maßnahmen zur Bekämp-fung linksextremer Strukturen eingestellt hat;

17. welche Initiativen zur Bekämpfung linksextremer Strukturen durch das Land Baden-Württemberg gefördert wurden;

18. welche linksextremen Strukturen, Gruppen oder Initiativen durch das Land Baden-Württemberg gefördert wurden oder werden;

19. welche Erkenntnisse über die Betreiber der linksextremen Internetseiten de.indymedia.org, linksunten.indymedia.org, keinealternative.blogsport.de und weitere linksextreme Internetseiten vorliegen und welche Maßnahmen zur Strafverfolgung der Verantwortlichen und Autoren dieser Internetseiten bereits vorgenommen wurden;

20. welche Erkenntnisse über Tätigkeiten baden-württembergischer Linksextremis-ten außerhalb von Baden-Württemberg bekannt sind;

21. welche Erkenntnisse über Tätigkeiten in Baden-Württemberg von Linksextre-misten, welche außerhalb von Baden-Württemberg wohnhaft sind, vorliegen;

22. inwiefern durch die zuständigen Behörden Einschränkungen des Grundrechts auf Versammlungsfreiheit durch Blockaden von Linksextremisten hinge-nommen wurden;

23. in welchem Umfang Linksextremisten Straftaten nutzen, um politisch Anders-denkende zu bekämpfen;

24. inwiefern Erkenntnisse über die Urheber von sogenannten „Outing“-Aktionen vorliegen und wie gegen diese vorgegangen wird;

25. welche Erkenntnisse zu Sabotagen des Wahlkampfes zur Landtagswahl 2016, insbesondere die Zerstörung von Wahlkampfmitteln durch Linksextreme, vor-liegen und welche Maßnahmen dagegen ergriffen wurden.

26. inwiefern Ministerien Einfluss auf die Wortwahl oder die Berichterstattung der Polizei im Zusammenhang mit linksextremistischen Straftaten genommen ha-ben;

27. ob Ministerien oder Landespolitiker Einfluss auf die Berichterstattung der öf-fentlich-rechtlichen und privaten Medien im Hinblick auf Linksextremismus genommen haben.

II. Der Untersuchungsausschuss soll hinsichtlich der „Demo für Alle“ gegen den Bil-dungsplan am 11.10.2015 besonders untersuchen,

1. welche Gruppen, Organisationen und Initiativen sich an den Gegendemonstra-tionen beteiligten;

2. welche Personen- und Sachschäden durch Gegendemonstranten verursacht wurden;

3. inwiefern die Polizei gegen Vermummungen vorgegangen ist;

4. inwiefern die Polizei gegen Störer vorging, die die Teilnehmer der „Demo für Al-le“ am Zugang zum Demonstrationsausgangspunkt Schillerplatz hindern woll-ten oder gar angriffen;

5. wieso das Opernhaus Stuttgart durch Gegendemonstranten politisch miss-braucht werden konnte;

6. wieso ein politisches Banner auf dem Opernhaus entrollt werden konnte und wer dies zu verantworten hat;

7. inwiefern die Polizei gegen Linksextremisten vorging, die die Demonstranten der „Demo für Alle“ vor dem Staatstheater mit Gegenständen, Schlamm und schweren Algenpaketen bewarfen;

8. wieso nicht verhindert werden konnte, dass es zu Jagdszenen durch Linksext-reme im Raum zwischen dem Eckensee und dem Hauptbahnhof kommen konnte und welche Gruppen daran beteiligt waren;

9. inwiefern Strafverfolgungen aufgrund der Ereignisse am 11.10.2015 stattfan-den;

10. welches Einsatzkonzept dem Einsatz der Polizei am 11.10.2015 zugrunde lag;

11. welche Ministerien in welcher Weise an der Einsatzplanung beteiligt waren.

III. Der Untersuchungsausschuss soll hinsichtlich der gewalttätigen Gegenproteste durch Linksextreme, anlässlich des Bundesparteitages der Alternative für Deutschland in Stuttgart am 30.04.2016 und 01.05.2016, außerdem untersuchen,

1. welche Gruppen, Organisationen und Initiativen sich an den Gegendemonstra-tionen beteiligten;

2. welche Personen- und Sachschäden durch Gegendemonstranten verursacht wurden;

3. inwiefern die Polizei gegen Vermummungen vorgegangen ist;

4. inwiefern die Polizei gegen Störer vorging, die die Teilnehmer der Bundespartei-tages der Alternative für Deutschland am Zugang zum Veranstaltungsgelände des Parteitags hindern wollten oder gar angriffen;

5. inwiefern die Polizei gegen Linksextremisten vorging, die die Teilnehmer des Bundesparteitages angriffen, behinderten und bespuckten und welche juristi-schen Konsequenzen daraus gezogen wurden;
6. wieso der Verkehr auf Zugangswegen wie einer S-Bahn-Strecke, einer Bundes-straße und einer Autobahn zum Parteitag durch Linksextreme behindert, be-setzt und teilweise mit brennenden Reifen blockiert werden konnte;

7. wie die Polizei gegen, teilweise mit Holzlatten und Eisenstangen bewaffnete, Linksextremisten vorgegangen ist, inwiefern die Strafverfolgung stattfand und welche Konsequenzen sie für die Einsatzplanung daraus gezogen hat;

8. inwiefern, aufgrund der Veröffentlichung der Teilnehmerdaten des Parteitages in Stuttgart, gegen die linksextreme Internetseite linksunten.indymedia.org und ihre Betreiber vorgegangen wurde;

9. welche Strafverfolgungen aufgrund der Ereignisse am 30.04.2016 und 01.05.2016 stattfanden;

10. welches Einsatzkonzept dem Einsatz der Polizei am 30.04.2016 und 01.05.2016 zugrunde lag;

11. welche Ministerien in welcher Weise an der Einsatzplanung beteiligt waren.

IV. Der Untersuchungsausschuss soll dem Landtag bis zum 31.03.2019 über seine Ergebnisse berichten, diese bewerten und Vorschläge über den künftigen Umgang mit Linksextremismus in Baden-Württemberg unterbreiten.

B.

Es ist hierzu ein Untersuchungsausschuss mit 10 Mitgliedern zu bilden, in dem die im Landtag vertretenen Fraktionen im Verhältnis von

3 (GRÜNE) : 3 (CDU) : 1 (SPD) : 1 (ABW) : 1 (FDP) : 1 (AfD)

vertreten sind.

10.08.2016

Dr. Merz
und Fraktion

Dr. Meuthen
und Fraktion

Begründung

Der Verfassungsschutz verzeichnete für das Jahr 2015 einen Anstieg der Straftaten von Linksextremisten. Hierbei hat sich die Zahl der Gewalttaten im Vergleich zum Jahr 2014 annähernd verdoppelt. Diese Gewalt richtet sich gegen politisch Andersdenkende sowie auch massiv gegen Polizeibeamte. Ein verstärktes Bemühen seitens der gewese-nen oder derzeitigen Landesregierung, gegen die genannten Tendenzen vorzugehen, kann indes nicht festgestellt werden.

Laut Verfassungsschutzbericht, kam es etwa im Rahmen der Gegenproteste gegen die sogenannte „Demo für Alle“ am 11.10.2015 mehrfach zu Ausschreitungen gegen Poli-zeibeamte und zu handgreiflichen Auseinandersetzungen. Außerdem besetzten Links-extreme die Oper oder bewarfen Teilnehmer – darunter Frauen und Kinder – mit Ge-genständen und Schlamm. Zunächst darf festgestellt werden, dass die Polizeibeamten offensichtlich angewiesen wurden, gegenüber den Linksextremen Zurückhaltung zu bewahren. Weiter fand jedoch auch anscheinend keine Untersuchung diverser Verstöße statt. Die Annahme, dies wäre der derzeitigen Situation geschuldet, greift vor dem Hin-tergrund der beteiligten Gruppen zu kurz. Parteigliederungen und Jugendorganisationen fast aller seinerzeit im Landtag vertretenen Parteien waren damals Unterstützer wenigs-tens eines Bündnisses gegen die „Demo für Alle“. Weiter ließ sich die damalige stellver-tretende Landtagspräsidentin Brigitte Lösch als Unterstützerin des Bündnisses „No Pegida Stuttgart“ nennen.

Auch am Rande des Bundesparteitages der Alternative für Deutschland am 30.04.2016 und 01.05.2016 in Stuttgart kam es zu Krawallen durch linksextreme Gegendemonst-ranten. Hierbei kam es zu Angriffen auf Teilnehmer des Parteitags, Polizeibeamte sowie Gewaltakte gegen Unbeteiligte. Zu den Unterstützern der Gegenproteste gehörten neben offen linksextremen Gruppierungen auch die Jugendorganisationen der seinerzeitigen Regierungsparteien.
Es gilt daher aufzuklären, inwiefern die Politik in linksextreme Strukturen verwickelt ist. Dabei kann es selbstredend nicht bei der Untersuchung einzelner Vorfälle bleiben. Der Verfassungsschutzbericht, die Entwicklung der vergangenen Jahre, als auch die Be-schwichtigungen aus Teilen der Politik, begründen die Notwendigkeit, das Thema „Linksextremismus in Baden-Württemberg“ in Gänze zu untersuchen.