Konversion Rohrbach: Stadt und GGH starten Neubauentwicklung auf ehemaligem Hospital-Areal Rund 600 Wohnungen um Stadtpark / Bundesweit einzigartiges Vermieterkonzept für günstigen Wohnraum

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Philipp Rothe
 

Ein neues Wohnquartier im Süden Heidelbergs steht kurz vor dem Startschuss: Seit 1. März ist die rund 9,5 Hektar große ehemalige Hospital-Fläche im Besitz der Stadt Heidelberg. Im April beginnt dort nun die Entwicklung von etwa 600 Wohnungen rund um einen Stadtpark. Die ersten Wohneinheiten sollen im Jahr 2021 bezugsfertig sein. Dabei wird besonders auf die Schaffung von preisgünstigem Wohnraum geachtet. Laut eines Beschlusses des Gemeinderats sollen 40 Prozent der Mietwohnungen nach einem deutschlandweit einzigartigen Konzept vergeben werden: Bewohner zahlen demnach nur 30 Prozent ihres individuellen Einkommens für die Miete. Vertreter der Stadt, der stadteigenen Konversionsgesellschaft (KGH) sowie der Wohnungsbaugesellschaft GGH haben die Pläne für das Areal am 20. März bei einem Presserundgang vorgestellt.

„Innerhalb von drei Jahren haben wir nun die dritte ehemalige US-Fläche erworben und in die Entwicklung gebracht. In der Südstadt, in Kirchheim und nun in Rohrbach haben wir also parallel rund 70 Hektar „in der Mache“. Das ist ein enormes Tempo – und Heidelberg braucht diese Flächen auch dringend. Vor allem bezahlbarer Wohnraum ist in unserer Stadt kaum zu finden. Im Hospital-Areal entstehen nun rund 600 neue Wohnungen. 40 Prozent davon wird die GGH nach einem völlig neuen Vermietungskonzept an Haushalte mit niedrigem und mittlerem Einkommen vermieten. Wir brauchen solche neuen Ideen – für Vielfalt und sozialen Ausgleich in unseren Städten“, sagt Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner.

Stadtpark als Herzstück eines autoarmen Quartiers

Das Herzstück des Quartiers wird ein Stadtpark mit einer zentralen Spiel- und Liegewiese und großzügigen Spielplätzen. Der Autoverkehr soll stark reduziert werden. Parkende Autos verschwinden in einer Quartiersgarage im Süden sowie einigen Tiefgaragen. Der Rad- und Fußverkehr wird besonders gefördert: breite Wege, kurze Verbindungen und überdachte Abstellplätze für Fahrräder sollen den klimafreundlichen Verkehr attraktiv machen. Das Quartier soll an eine Radverkehrsachse als Schnellroute Richtung Innenstadt angebunden werden. Zwei Haltestellen binden es an das Straßenbahnnetz an.

„Das Ziel ist ein Quartier mit hoher Aufenthaltsqualität und attraktiven öffentlichen Plätzen. Bewohner und Besucher sollen sich hier wohl fühlen – und diese Atmosphäre soll auch in die benachbarten Viertel ausstrahlen. Aber wir wollen auch ein neues Niveau der Nachhaltigkeit erreichen und ein enorm ressourcenschonendes, energieeffizientes Wohnquartier mit bezahlbaren Mietpreisen schaffen“, erklärt Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck.

Der Gemeinderat hat einem Rahmenplan bereits im Mai 2017 zugestimmt. Die Stadt arbeitet derzeit an einer Überarbeitung, da im Juli 2018 der Gemeinderat die Vorgabe gemacht hat, mehr Wohnraum auf dem Areal unterzubringen. Einen ersten Vorschlag hierfür kann die Stadt voraussichtlich bei einem öffentlichen Spaziergang über die Fläche am 11. April 2019, 18 Uhr, zeigen. Die gemeinderätlichen Gremien beraten dann voraussichtlich ab Mai über den Vorschlag.
Der Zeitplan für die Entwicklung des Areals sieht nun zunächst einmal großflächige Abrissmaßnahmen vor. „Wir starten Ende April mit dem Rückbau des zentralen Krankenhausgebäudes – denn das wird der Standort für den Neubau des Collegium Academicum. Viele der Bestandsgebäude sind Zweckbauten für die Krankenversorgung, die nicht erhalten werden können“, sagt Hans-Jürgen Heiß, Bürgermeister für Konversion und Geschäftsführer der KGH. Für zwei denkmalgeschützte Gebäude – das ehemalige Theater und eine Sporthalle – sieht der Rahmenplan öffentliche, gemeinschaftliche Nutzungen vor. Weitergenutzt werden auch mehrere größere und prägende Gebäude an der Karlsruher Straße. Hier sollen unter anderem Bildungseinrichtungen und Büros einziehen.

Die GGH verantwortet die innere Erschließung des Areals und wird mit dem Bau der ersten Wohnhäuser voraussichtlich im Frühjahr 2020 starten. Die Hochbaumaßnahmen erfolgen in mehreren Abschnitten bis voraussichtlich Ende 2023. Eine Besonderheit ist das deutschlandweit einmalige wohnungspolitische Konzept. Demnach gilt bei 40 Prozent des Wohnraums der Grundsatz, dass Bewohner nur 30 Prozent ihres verfügbaren Einkommens für die Miete bezahlen müssen. Rund 10 Prozent des Wohnraums sollen zudem um 10 Prozent unter Marktwert als Eigentumswohnungen an Menschen gehen, die die Einkommensgrenzen des Landesförderprogramms Wohnungsbau nicht überschreiten. „Wir schaffen somit ein bezahlbares und emissionsarmes Quartier für die Mitte der Gesellschaft“, so Peter Bresinski, Geschäftsführer der GGH.

Künftige Nutzer: Collegium Academicum, Lebenshilfe, Montessori-Zentrum

Als künftige Nutzer im Areal stehen das Collegium Academicum (CA), das Montessori-Zentrum und die Lebenshilfe Heidelberg fest. Das CA wird in einem Bestandsgebäude und einem ergänzenden Neubau in Holzbauweise ein Wohnheim für Studierende, Promovierende und Auszubildende einrichten. Es wird dort rund 200 Plätze sowie einen Tagungs- und Seminarbereich geben. Zudem ist geplant, dass das CA auch das ehemalige Pförtnerhäuschen an der Karlsruher Straße mit einem Café bespielt. Das Vorhaben hat bundesweit Aufmerksamkeit erregt und rund 2,6 Millionen Euro Fördergelder akquiriert. Zudem ist es offizielles Projekt der IBA Heidelberg. „Nach all den Jahren der Planung freuen wir uns, auf US Hospital den Ort gefunden zu haben, an dem wir als rein studentische Initiative Freiraum und Selbstbestimmung durch kostengünstiges Wohnen in Gemeinschaft möglich machen. Wir glauben, dass wir durch die Schaffung von ökologisch nachhaltigem Wohnraum für junge Menschen in Ausbildung einen Teil zur Vielfalt des Geländes beitragen können. Durch die Zugänglichkeit unserer Gemeinschaftsflächen ermöglichen wir Austausch und Begegnung von Menschen mit verschiedenen Lebensgeschichten und freuen uns auf eine gute Nachbarschaft“, erklärt das CA.

Die Lebenshilfe Heidelberg plant in direkter Nachbarschaft zu ihrem aktuellen Werkstatt-Standort an der Freiburger Straße einen Neubau für den Förder- und Betreuungsbereich. Dort werden Menschen mit schwerer geistiger oder mehrfacher Behinderungen unterstützt. Von der bestehenden Werkstatt soll es einen direkten Anschluss zum Neubau geben. Damit können Menschen mit einer schweren Behinderung ohne Hindernisse auch an Aktivitäten im regulären Werkstattbetrieb teilnehmen. „Es ist für uns ein großer Glücksfall, dass wir gemeinsam mit der Stadt Heidelberg diese Möglichkeit nutzen können. Wir schaffen damit für die von uns betreuten Menschen mit hohem Hilfebedarf ein örtlich und räumlich passendes Angebot und können so ihren Alltag erleichtern und bereichern. Und wir sind überzeugt, dass ihre Präsenz auch eine Bereicherung für die Vielfalt im ganzen Quartier ist“, sagt Thomas Diehl, Vorstand der Lebenshilfe Heidelberg.

Das Montessori-Zentrum bekommt auf dem Hospital-Areal die Gelegenheit, seine Einrichtungen in der Stadt zu erweitern und zentral zu bündeln. In einem Bestandsbau an der Karlsruher Straße und zwei rückwärtigen Neubauten werden Grund- und Gemeinschaftsschule und eine Kindertagesstätte einziehen. „Wir freuen uns sehr, dass wir in und für Heidelberg dieses Zentrum mit einem durchgängigen Bildungskonzept von Krippe bis zum Schulabschluss realisieren können, das die Prinzipien von Maria Montessori in den Kontext einer modernen Stadtgesellschaft überträgt. Alle Kinder und Jugendliche können hier unter einem Dach lernen und zusammenleben. Das Angebot richtet sich an junge Menschen mit und ohne Behinderung jeglicher Konfession und Kultur“, sagt Ursula Bork, Vorstand im Montessori Zentrum Heidelberg.