Freie Fahrt auf der Hebelstraßenbrücke Ersatzneubau in unter zwei Jahren fertiggestellt / Stahl-Verbund-Konstruktion sichert Langlebigkeit

HDhebelstrassenbruecke
Philipp Rothe

Die Hebelstraßenbrücke ist eröffnet: Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner (6. v. r.), Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck (7. v. r.) und Bürgermeister Raoul Schmidt-Lamontain (r.) geben den Weg für Fahrräder und Fahrzeuge frei.

 

Die Hebelstraßenbrücke in der Heidelberger Weststadt ist wieder für den Verkehr geöffnet. Damit kann die Stadt Heidelberg einen Haken hinter das herausfordernde Großprojekt setzen, dessen Abriss und Neubau in einer Bauzeit von unter zwei Jahren und damit im Zeitplan bewältigt wurde. Für Kraftfahrzeuge und Radfahrende steht die Brücke seit Donnerstag, 29. April 2021, wieder offen. Fußgängerinnen und Fußgänger können bereits seit Mitte Februar 2021 über die Brücke laufen, die für sie zum frühestmöglichen Zeitpunkt geöffnet wurde. Die Hebelstraßenbrücke, über die rund 10.000 Kraftfahrzeuge am Tag fahren, gilt als zentrale Verkehrsachse zwischen dem westlichen und östlichen Stadtgebiet.

„Brücken verbinden Orte und Menschen. Sie sind ein wichtiges Element der städtischen Infrastruktur. In den nächsten 40 Jahren werden wir viele der insgesamt 70 Heidelberger Brücken sanieren oder neu bauen müssen – wir stehen sozusagen am Anfang der Heidelberger Brückenjahre. Ich bin daher froh, dass der Ersatzbau der Hebelstraßenbrücke als Auftakt so zügig und reibungslos geklappt hat und wir damit wichtiges Know-how sammeln konnten“, sagt Oberbürgermeister Prof. Dr. Eckart Würzner.

„Der Bau einer Brücke ist enorm komplex. Jede Brücke ist genau genommen ein Unikat und muss individuell betrachtet werden. Das beginnt bei der Planungsarbeit im Vorfeld, die bei der Hebelstraßenbrücke zwölf Jahre vor dem Spatenstich ihren Anfang nahm. Als Stahl-Verbund-Konstruktion ist sie deutlich langlebiger als die frühere Spannbetonbrücke. Dabei bietet sie vor allem eine erhöhte Verkehrssicherheit für alle Verkehrsteilnehmenden, insbesondere für Radfahrende sowie Fußgängerinnen und Fußgänger“, sagt Erster Bürgermeister Jürgen Odszuck.

Länger, breiter, sicherer

Die neue Brücke ist circa drei Meter länger und einen Meter breiter und hat damit eine Gesamtlänge von 52,80 Metern und 19 Meter Nutzbreite. Vom Erdboden aus sind es 6,20 Meter bis zur Brückenunterseite. Die Entscheidung fiel für eine Stahl-Verbund-Konstruktion, weil diese eine größere Tragkraft und Dauerhaftigkeit gewährleistet.

Die Ausmaße des Bauwerks verdeutlichen die verbauten Werkstoffe: Verwendet wurden rund 300 Tonnen schwere Stahlkonstruktionen, weitere 400 Tonnen Baustahl sowie etwa 5.000 Kubikmeter Beton, wovon die Hälfte aus recyceltem Betonabbruch stammt. 16 Brückenträger sorgen für Stabilität und Sicherheit, jedes Exemplar wiegt 32 Tonnen. Zum Vergleich: Ein Kleinwagen bringt etwa eine Tonne, also rund 1.000 Kilogramm, auf die Waage. Aufwendig war auch die Baugrubensicherung: Dort wurden über 1.300 Meter Ankerstäbe benötigt.

Mehr Platz für Radfahrende sowie Fußgängerinnen und Fußgänger

Im Zuge der Baumaßnahmen wurde das Angebot für Radfahrende sowie Fußgängerinnen und Fußgänger verbessert, um deren Wege sicherer zu machen. So wurde in westlicher Richtung und im Kirchheimer Weg eine Auto-Fahrbahn als eigene Spur für den Radverkehr eingerichtet, die bis zum Kreisel an der Carl-Benz-Straße führt. In Richtung Römerstraße gibt es jetzt ebenfalls, vom Kreisel kommend, einen Radfahrstreifen. Zuvor hatten sich Radfahrende und der Autoverkehr eine Fahrspur geteilt. Die Gehwege auf der Brücke haben nun eine komfortable Breite von 2,50 Metern. In Höhe der Straße Gleisdreieck wurde eine zusätzliche Mittelinsel als Querungshilfe eingerichtet. Fahrzeuge führt der Weg über die Hebelstraße ab sofort über zwei Spuren in Richtung Westen und Römerstraße, über eine Spur in Richtung Osten und Kirchheimer Weg. Die Führung des Autoverkehrs, vom Czernyring kommend, wurde geändert: Die Einbahnstraße wurde aufgehoben, Autofahrerinnen und -fahrer können jetzt bis zur Hebelstraße durchfahren und dort sowohl in östliche als auch in westliche Richtung abbiegen.

Finanzierung: Land und Bahn übernehmen 60 Prozent der Gesamtkosten

Die Umsetzung der Maßnahme erfolgte durch die Stadt Heidelberg als Straßenbaulastträger unter Kostenbeteiligung der Deutschen Bahn. Die Maßnahmengenehmigung für das Projekt liegt bei 12,1 Millionen Euro. Die voraussichtliche Kostenbeteiligung der Deutschen Bahn nach dem Eisenbahnkreuzungsgesetz beträgt derzeit rund 4 Millionen Euro. Für den Bau der Hebelstraßenbrücke erhält die Stadt Heidelberg außerdem einen Zuschuss in Höhe von 3,21 Millionen Euro, der aus einem Förderprogramm des Landes zum Kommunalen Straßenbau (Landesgemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz) stammt.

Die 1952 errichtete Hebelstraßenbrücke ist eine von insgesamt elf Brücken, deren Baulast im Zuge der Privatisierung der Bahn im Jahr 1994 von der Deutschen Bahn auf die Stadt Heidelberg überging. Die meisten dieser Brücken befanden sich bereits damals in einem schlechten Zustand, so auch die Hebelstraßenbrücke. 2010 musste die zulässige Fahrzeuglast auf 30 Tonnen beschränkt und die Fahrbahn von vier auf zwei Fahrstreifen verringert werden. Im Frühjahr 2016 wurde die Fahrzeuglast auf zwölf Tonnen reduziert, im Dezember 2017 auf 3,5 Tonnen. Seit Anfang Januar 2019 war die Brücke für den Autoverkehr komplett gesperrt. Der Spatenstich erfolgte am 10. Mai 2019, der Abbruch im Juli 2019. Im Dezember 2020 wurde die Brücke abgenommen, im Februar 2021 für Fußgängerinnen und Fußgänger freigegeben.

Ausblick: Brücken in Heidelberg

Der wesentliche Anteil der Brücken in Heidelberg wurde in den 50er, 60er, 70er und 80er Jahren gebaut. Brücken dieser Bauzeit zeigen neben den nicht mehr aktuellen Lastannahmen erhebliche konstruktive Defizite. Mittelfristig sind die Sanierung der Montpellierbrücke sowie Ersatzneubauten der Ziegelhäuser Brücke und des Valeriestegs geplant. 2021 wird die Sanierung der wohl bekanntesten Heidelberger Brücke fortgesetzt: Die Pfeiler der Alten Brücke werden ab Juni unterhalb der Wasserlinie weiter instandgesetzt.

Das Land bezuschusst über den kommunalen Sanierungsfonds die Sanierung von Brückenbauwerken in Baden-Württemberg. Die Zuwendung beträgt maximal bis zu 50 Prozent der zuwendungsfähigen Kosten. Für die Alte Brücke hat das Land bereits einen Zuschuss in Höhe von rund 1,1 Millionen Euro bewilligt, für den Valeriesteg ist eine Finanzspritze des Landes von 212.000 Euro vorgesehen.