Stadt will weitere Wirtschaftsflächen entwickeln

Heidelberg Logo neuOB Dr. Würzner: „Wir brauchen dringend mehr Platz für Unternehmen verschiedenster Bereiche“

Die Stadt Heidelberg will die Entwicklung weiterer Wirtschaftsflächen vorantreiben. „Mit dem Konzept für einen Innovationspark auf den Patton Barracks haben wir einen ersten Schritt in die richtige Richtung getan. Für die weitere wirtschaftliche Entwicklung Heidelbergs brauchen wir aber dringend mehr Flächen, die auf Unternehmen verschiedenster Bereiche zugeschnitten sind“, sagte Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner bei einem Pressegespräch am 30. Mai 2016 in den Räumen der hte GmbH in Heidelberg-Pfaffengrund. Vor allem das Interesse von Hightech-Unternehmen an einem Engagement in Heidelberg sei groß. „Die Konversionsflächen bieten hierfür Optionen. Sie allein sind aber nicht ausreichend. Wir müssen weitere Standorte im Stadtgebiet identifizieren und zeitnah in die Entwicklung bringen.“

Der vergangene Woche vorgestellte Prognos Zukunftsatlas 2016 bestätigt das große Potenzial des Wirtschaftsstandortes Heidelberg: In der Rangliste der Regionen mit den besten Zukunftsperspektiven liegt Heidelberg auf Platz 14 unter 402 Kreisen und kreisfreien Städten in Deutschland. Im Bereich „Wirtschaft und Arbeitsmarkt“ wird Heidelberg sogar die bundesweit besten Zukunftschancen prognostiziert. Als Indikatoren flossen hier unter anderem die Arbeitsplatzdichte, die Arbeitslosenquote, der Anteil Hochqualifizierter und die Schulabbrecherquote ein. Im Hinblick auf Demografie und Dynamik liegt Heidelberg unter den Top zehn in Deutschland. An diese Stärken knüpft das geplante neue Wirtschaftsentwicklungskonzept der Stadt Heidelberg an, das zudem auf Ausbau der Flächenangebote sowie Verbesserung der Infrastruktur und der Rahmenbedingungen für Gründungen abzielt.

Zuletzt hatten die Stadt Peking und internationale Hightech-Unternehmen großes Interesse bekundet, auf einer Teilfläche der Patton Barracks einen „German-Sino-Hi-Tech-Park“ zu realisieren. Auf dem ehemaligen US-Gelände plant die Stadt einen Innovationspark für Informationstechnologie, digitale Medien und Design. Teilbereiche der Konversionsflächen Campbell Barracks und Patrick Henry Village sollen ebenfalls als Wirtschaftsflächen genutzt werden.

Die Stadt will auch für kleinere und mittelständische Betriebe attraktiv bleiben. Für diese steht allerdings ebenfalls nicht ausreichend Platz zur Verfügung: „Unternehmen müssen immer wieder ins Umland abwandern, da wir ihnen keine geeigneten Erweiterungsflächen anbieten können. Die Entwicklungskosten für neue Wirtschaftsflächen sind zudem oftmals sehr hoch“, sagte Dr. Würzner. Die Perspektive müsse sich daher ändern: Es sei entscheidend, welches Unternehmen sich an einem bestimmen Standort ansiedeln wolle. Darauf aufbauend müssten dann die Standards für die Entwicklung der Fläche ausgerichtet werden: „Sonst haben wir am Ende wunderbare Wirtschaftsflächen, die für die Unternehmen aber zu teuer sind“, erklärte Dr. Würzner.

Flächensuche: Das Beispiel hte

Eines der innovativen und international ausgerichteten Unternehmen, das sich bereits am Standort Heidelberg etabliert hat, ist die hte GmbH. Der weltweit führende Anbieter von Technologielösungen und Dienstleistungen für Kunden im Energie-, Raffinerie-, Chemie- und Umweltsektor hat seinen Sitz am Kurpfalzring im Stadtteil Pfaffengrund. Geschäftsführer Dr. Wolfram Stichert kennt auch die Schwierigkeiten, mit denen ein wachsendes Unternehmen bei der Flächensuche in Heidelberg konfrontiert ist: „Als wir uns im Jahr 2010 auf die Suche nach Vergrößerungsmöglichkeiten gemacht haben, hat uns die Stadt auf vielfältige Weise unterstützt – aber konkrete Flächen konnte man uns damals nicht anbieten“, erklärte Dr. Stichert. Dank des Zukaufs anderer Gewerbeflächen in der Nachbarschaft, habe man sich doch noch vergrößern können. „Wir sind sehr froh, dass wir dadurch dem Standort Heidelberg treu bleiben konnten. Die Stadt ist ein wesentlicher Erfolgsfaktor für hte – wegen der Nähe zu den akademischen Instituten, qualifiziertem Personal und dem hohen internationalen Bekanntheitsgrad“, so Stichert.

„Wohlstand hängt wesentlich von einer prosperierenden Wirtschaft ab“

„Der Wohlstand der Stadt und ihrer Einwohnerinnen und Einwohner hängt wesentlich von einer prosperierenden Wirtschaft ab“, betonte Ulrich Jonas, Leiter des Amtes für Wirtschaftsförderung und Beschäftigung der Stadt Heidelberg. Für die Zukunft sei daher eine nachhaltige, innovative und integrative Wirtschaftspolitik umso wichtiger. „Dazu müssen wir neben der Erschließung weiterer Flächenpotenziale auch leistungsstarke Verkehrswege sowie durchgehend schnelles Internet herstellen“, so Jonas. Investitionen in die Wirtschaft trügen schließlich zu einer langfristigen Stabilisierung der Haushaltslage bei. „Der städtische Haushalt wird zu circa einem Fünftel über Gewerbesteuereinnahmen aus der Wirtschaft finanziert“, verdeutlichte Jonas.

Wissensintensive Unternehmen: Große Entwicklungsmöglichkeiten

Hintergrund: Erst im März 2016 hatte der Gemeinderat Leitziele der Wirtschafts- und Arbeitsmarktentwicklung verabschiedet. Sie beinhalten unter anderem den Ausbau der Standortvorteile als Wissenschaftsstadt, die Nutzung des Strukturwandels sowie die Stärkung von Handwerk und Mittelstand und dienen als Maßgabe für das weitere Vorgehen. Das Ziel ist eine stabile wirtschaftliche Entwicklung, die langfristig ein breites Arbeitsplatzangebot sichert und wirtschaftlich erfolgreich ist. Als Handlungsfelder werden etwa Flächenentwicklung, Infrastruktur, Bestandsentwicklung sowie Gründung und Innovation genannt. Grundlage für die Leitziele war die Studie des Instituts für Südwestdeutsche Wirtschaftsforschung (ISW). Demnach sind wissensintensive Industrie, IT-Wirtschaft, Biotechnologie und Medizintechnik, Gesundheitswirtschaft, junge Kultur- und Kreativwirtschaft sowie organische Elektronik die Wirtschaftsbereiche, die für die weitere Entwicklung Heidelbergs besonders bedeutsam sind. Forschungs-, Gesundheits- und Bildungssektor sind prägend für den Wirtschaftsstandort Heidelberg: Deutlich mehr als die Hälfte der Beschäftigten ist hier tätig. Aus diesen Bereichen kommt mit über 55 Prozent der größte Beitrag zur Wertschöpfung in Heidelberg.

Kultur- und Kreativwirtschaft: Höchste Gründungsdynamik im Land

Die Innovationsfähigkeit von Heidelberger Unternehmen ist dem ISW-Gutachten zufolge eine Schlüsselkomponente für die zukünftige Entwicklung des Wirtschafts- und Wissenschaftsstandortes Heidelberg. Die Rahmenbedingungen für Gründungen in chancenreichen Bereichen sollen daher weiter verbessert werden, besonders in innovativen Branchen wie der Kultur- und Kreativwirtschaft. Im Vergleich der baden-württembergischen Stadtkreise zeichnet sich Heidelberg durch die höchste Gründungsdynamik aus. „Der Bildungsstandort und die Attraktivität der Stadt bleiben der Humus für anhaltend attraktive Angebote aus der Kultur- und Kreativwirtschaft“, heißt es in der Studie.

Industrie und Handwerk: Hochwertig und breit gefächert

Das verarbeitende Gewerbe hat der Studie zufolge zuletzt beschäftigungsmäßig deutlich zugelegt: Die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in diesem Bereich ist seit 2007 um mehr als 1000 gestiegen (plus 10,9 Prozent). Die Industrie und das verarbeitende Handwerk haben in Heidelberg ein vergleichsweise geringes Gewicht, sind aber hochwertig und recht breit gefächert. Handwerk und Mittelstand sollen auch in Zukunft durch vielfältige Maßnahmen der Wirtschaftsförderung – wie Mittelstandsoffensive, Nahversorgungskonzept und der Weiterentwicklung des City-Einzelhandels – gestärkt werden. „Die Unterstützung bei der Neuansiedlung und Bestandentwicklung bildet weiterhin das Kerngeschäft der Wirtschaftsförderung“, erklärte Jonas.