"Engagement für eine bessere Stadt"

Teilnehmer Gruppenbild
Stadt Mannheim, Bild: Andreas Henn

Seinen herzlichen Dank richtete Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz an die rund 250 Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Bürgerdialogs „Leitbild 2030“ im Stadthaus N1: Dafür, „dass Sie mehr als einen halben Samstag Ihres Wochenendes eingesetzt haben, im Dienste aller anderen Bürgerinnen und Bürger, im Engagement für eine bessere Stadt, für eine Vision, für ein Leitbild, an dem wir uns orientieren können.“

Der Bürgerdialog fand vor dem Hintergrund eines konzertierten Entwicklungsprozesses statt, bei dem die Stadt zusammen mit ihren Bürgerinnen und Bürgern ein Leitbild erarbeiten will, das beschreibt, wie Mannheim im Jahr 2030 aussehen soll - die aktuelle Veranstaltung war ein weiterer von verschiedenen Beteiligungsschritten auf diesem Weg.

Um hierfür einen möglichst repräsentativen Querschnitt der Mannheimer Stadtbevölkerung zu erreichen, waren per Zufallsprinzip über das Melderegister Bürgerinnen und Bürger ausgewählt worden. Darüber hinaus hatten sich weitere Interessierte anmelden können.

Bei der über sechsstündigen Veranstaltung im Stadthaus hatten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer unter anderem in 15 Arbeitsgruppen jeweils 60 Minuten lang mit verschiedenen Fragestellungen auseinandergesetzt. „Das heißt 2.700 Minuten Input“, so Dr. Kurz – in denen eine Fülle von Anregungen zusammengetragen wurde, die im Anschluss von den Moderatoren der Diskussionsrunden im Plenum im Ratssaal zusammengefasst wurden.
So sei am Thementisch „Keine Armut und kein Hunger“ in den drei Runden vor allem darüber gesprochen worden, wie die Ursachen von Armut und Hunger angegangen werden können, rekapitulierte die Moderatorin. Wichtige Punkte seien hierbei die Bereiche Bildung, bezahlbarer Wohnraum, Aufklärung und Information gewesen. Thematisiert worden sei auch, dass Wirtschaft und öffentliche Arbeitgeber in diesem Zusammenhang in die Pflicht genommen werden müssten.

Im Themenbereich „Gesundheit und Wohlergehen + sauberes Wasser und Sanitätsversorgung“ sei als ein bedeutsamer Punkt hervorgehoben worden, dass Gesundheit für alle zugänglich sein müsse – unabhängig von Geldbeutel, Krankheitsbild und Geschlecht. Weitere Stichpunkte seien „gute Versorgung, ortsnah, zeitnah, mit ausreichend Personalressourcen“ gewesen. Die Wasserversorgung müsse überdies in öffentlicher Hand bleiben - in diese Richtung müsse auch der Gemeinderat beispielsweise bei Freihandelsabkommen wirken.

Am Thementisch „Hochwertige Bildung“ sei etwa angesprochen worden, dass Bildung nicht nur für den frühkindlichen Bereich, sondern auch in puncto Erwachsenenbildung sehr wichtig sei – Schlagwort „Lebenslanges Lernen“. Auch chancengerechte und interkulturelle Bildung, Inklusion und Fachkräftemangel seien diskutiert worden.
Am Thementisch „Menschenwürdige Arbeit und Wirtschaftswachstum“ sei etwa erörtert worden, dass die Stadt sich von Zeitverträgen und Befristungen verabschieden solle, ebenso, dass die politischen Entscheidungen sich nicht gegen das menschenwürdige Arbeiten richten dürften. Auch sollten lokale Unternehmen stärker unterstützt werden. Eine Gruppe habe sich für die Förderung von „Vielfalt und individuellen Kompetenzen“ ausgesprochen, die viel stärker als Werte gesehen werden müssten. Auch die Anerkennung ausländischer Abschlüsse sowie eine „kulturelle Veränderung hin zur Gemeinschaft“ seien diskutiert worden.

Beim Thema „Geschlechter-Gleichstellung“ sei man sich einig geworden, dass im Leitbild 2030 das Geschlecht keine Rolle mehr spielen solle. Auf dem - noch immer langen - Weg dorthin solle vor allem da unterstützt werden, wo gefühlt die meiste Benachteiligung herrsche. Hierbei habe es viele Ansatzpunkte, wie etwa Frauen in Führungspositionen und Alleinerziehende, gegeben.

Im Bereich „Industrie, Innovation und Infrastruktur“ habe Einigkeit geherrscht, dass es - um Nachhaltigkeit zu realisieren - eine lebenswerte Infrastruktur brauche. Die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger solle es ermöglichen, dass Potenziale der Stadt ausgeschöpft werden können. Auch über Daten und Digitalisierung sowie über die Bestandspflege von Gebäuden Straßen und Brücken sei gesprochen worden.

Beim Thema „Bezahlbare und saubere Energie + Maßnahmen zum Klimaschutz“ habe der ÖPNV eine sehr wichtige Rolle eingenommen, welcher noch verbessert, bezahlbarer und flexibler gestaltet werden solle. Auch der Fahrradverkehr solle stärker gefördert und sicherer für alle gestaltet werden. Als sehr bedeutend sei auch die weitere Förderung erneuerbarer Energien angeführt worden.

Wissen zum Thema Nachhaltigkeit zu vermitteln, sei ein wichtiger Aspekt am Thementisch „Verantwortungsvolle Konsum- und Produktionsmuster“ gewesen. Hierbei sei auch der Wunsch nach Netzwerken und Plattformen zum Austausch und zur Information gewünscht worden. Auch hier sei es zudem als sehr wichtig erachtet worden, dass die Stadt als Vorbild dienen solle.

An oberster Stelle in den Diskussionen zum Thema „Leben unter Wasser und Leben an Land“ habe die Ressourcenschonung und dabei vorrangig die Abfallvermeidung gestanden. Weitere wichtige Punkte: Das Sparen von Wasser, nachhaltige Produktion und der Schutz von Ökosystemen. Die vorhandenen Mannheimer Schutzgebiete sollten erhalten sowie weiterentwickelt und erweitert werden. Auch Gewässerschutz, das Eindämmen der Flächenversiegelung sowie die Umweltbildung, um von klein auf ein entsprechendes Bewusstsein zu schaffen, seien angesprochen worden.

Beim Thema „Weniger Ungleichheiten“ seien die Ungleichheit in und zwischen den Stadtteilen, das Zusammenleben der Kulturen sowie der Aspekt Inklusion von Menschen mit Behinderung erörtert worden. Mannheim im Jahr 2030 sei demnach im Idealfall noch mehr als heute eine Stadt der Vielfalt und nicht mehr allein der Toleranz, sondern – noch einen Schritt weiter - der Akzeptanz.

Dass Kinder und Jugendliche bei der Planung der sozialen Infrastruktur mitgedacht und beteiligt werden sollten, war ein Ergebnis der Diskussionsrunden zum Thema „Nachhaltige Städte und Gemeinden“. Auch mit Fragen nach bezahlbarem Wohnraum und neuen Wohnformen, wie dem Mehrgenerationenhaus sowie der Erschließung und Entwicklung von Konversionsflächen, hätten sich die Gruppenteilnehmerinnen und -teilnehmer auseinandergesetzt.

„Wir müssen Konflikte sichtbar thematisieren und aushalten. Wir brauchen eine Fehlerkultur und die Bereitschaft, Fehler einzugestehen. Und wir sind alle, jeder einzelne, für unsere Stadt verantwortlich und müssen die Stadt als Stadtgesellschaft gemeinsam positiv gestalten“, gab der Moderator eine Erkenntnis des Thementischs „Frieden, Gerechtigkeit und starke Institutionen“ wieder. Zudem solle die Stadtverwaltung offen und transparent sein und die Zusammenarbeit zwischen Bürgern und Verwaltung gestärkt werden. Ebenso müssten demnach Multikulturalität und Akzeptanz untereinander gefördert werden. Es würden aber auch klare Regeln des Zusammenlebens gebraucht.
Ein großer Wunsch durch alle drei Runden zum Thema „Partnerschaften zur Erreichung der Ziele“ sei die Entwicklung einer gemeinsamen Mannheimer Identität gewesen, die auf gemeinsamen sozialen, ökologischen und ethischen Werten basiere. Eine breitgefächerte Vielfalt sei einer der Grundwerte.

Ein zentraler Punkt beim „Querschnittsthema Mobilität“ war der ÖPNV: „Mannheim 2030 hat einen flexiblen, attraktiven, bezahlbaren und mit hoher Taktung fahrenden ÖPNV, der barrierefrei ist und Platz für Fahrräder bietet.“ Die Förderung des Fahrradverkehrs sei ein weiterer wichtiger Aspekt gewesen. Ebenso die Erkenntnis, dass die Verhaltensänderung, die in der Mobilität gebraucht werde, nur durch Angebote und Anreize, wo nötig auch durch Sanktionen zu erreichen sei.

Mietpreise, Ehrenamt, Mindestlöhne und Flüchtlinge („Mannheim 2030 Stadt der Zuflucht“), zählten zu den Stichworten, die im Bereich „Weitere Themen für ein Mannheim im Jahr 2030“ diskutiert worden seien. Zudem solle Mannheim offen sein und „Mut zu radikalen Veränderungen haben“ - auch gegenüber der Wirtschaft. Ein Satz, den die Teilnehmerinnen und Teilnehmer abgestimmt hatten: „Mit der Bevölkerung im Rücken kann Mannheim die Industrie dazu bringen, nachhaltige Ansätze zu entwickeln.“

Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz zeigte sich beeindruckt, „wie ernsthaft, wie vielfältig, wie intensiv diskutiert worden ist.“ Ende des Jahres werde der Leitbild-Prozess mit einem Votum des Gemeinderates abgeschlossen, berichtete der Oberbürgermeister „Aber das letztendliche Ergebnis einer nachhaltigeren Stadt" werde nur gelingen, wenn neben der Verwaltung und der Bürgerschaft auch die vielen anderen Akteure - darunter die Wirtschaft - sich mit an der Umsetzung beteiligten, betonte er in einer abschließenden Fragerunde.