Capitol Reloaded Glanz in die Hütte

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L.Binder

Der Weg zur Rundum Sanierung begann schon lange vor der ersten Maßnahme. Zum 1. Januar 2017 übernahm die Kulturstiftung Capitol Mannheim das alte Kino in der Waldhofstraße 2. Schon vor dem Kauf gab es den großen Wunsch, das Haus zu sanieren und zu modernisieren.
20 Jahre lang wurde das Capitol von Thorsten Riehle und seinen Mitarbeitern als Mieter genutzt, weiterentwickelt und zu einer wichtigen kulturellen Säule in der Metropolregion Rhein-Neckar ausgebaut. So kam der Schritt, eine Komplettsanierung und einen Umbau zu wagen, nicht plötzlich, sondern war die logische Konsequenz aus jahrelanger Arbeit in der Immobilie.
Die Zeit in der Veranstaltungsbranche steht nicht still und viele Produktionen haben hohe technische Anforderungen, die ein Veranstaltungshaus erfüllen muss, um als Spielstätte attraktiv zu bleiben. Diesen Standard galt es zu verwirklichen ohne den einmaligen Charme des Hauses zu verlieren.
Der Umbau und die damit einhergehende Sanierung starteten später als erhofft – so blieb aber genug Zeit für eine gründliche Vorbereitung und Planung. Der Startschuss fiel knapp 1 ½ Jahre nach dem Kauf im Mai 2018. Wochenlange digitale Vermessungen des gesamten Gebäudes und eine enge Begleitung durch die Denkmalschutzbehörde, die die Suche nach der originären Farbigkeit unterstützte, waren vorausgegangen. Auch ein neues Brandschutzkonzept musste ausgearbeitet werden und so waren die Rahmenbedingungen abgesteckt und die Arbeiten konnten starten.
Der neue Fluchtwegplan machte eine zusätzliche Öffnung im Saal notwendig. Aber warum aus der Not keine Tugend machen: diese neue Tür eröffnet zusätzlich einen einfacheren Zugang für die Produktionen, die Technik und Bühnenteile in das Capitol bringen können. Diese erste Baumaßnahme fand noch während des regulären Spielbetriebs statt und ließ die Vorfreude auf die Ertüchtigung, des in die Jahre gekommenen Hauses, steigen. Über den Baufortschritt wurde ab diesem Zeitpunkt über den Baublog auf Facebook berichtet, der alle Interessierte fast täglich mit Neuigkeiten über den Baufortschritt informierte. Neue Vorschriften hatten zur Folge, dass Plätze im Parkett weggefallen wären. Eigentlich ist der Bedarf in den letzten Jahren aber stetig
gestiegen und grundsätzlich zu gering vorhanden. So wurde eine der alten Logen geöffnet und für das Publikum freigegeben. Entstanden sind Premiumplätze, die bei Stehplatzkonzerten für Rollstuhlfahrer genutzt werden können und eine gute Sicht versprechen. Die Kapazität des Hauses steigt nun (bei bestuhlten Veranstaltungen) von 661 auf 699 Plätze.
Ein Herzstück des Hauses, die Sarotti Theke im Foyer, war in die Jahre gekommen und musste weichen. Hier zeigt sich für die Besucher wohl am eindrücklichsten, dass das Haus auf den neuesten technischen Stand gebracht wird. Arbeitsvorgänge werden optimiert und garantieren in Zukunft beste Voraussetzungen für einen perfekten Veranstaltungsabend. Den Charme des Hauses erhalten ist aber auch hier oberstes Gebot – der Sarotti Schriftzug bleibt!
Parallel dazu wurden die Messingelemente, die überall im Haus verbaut sind und in den letzten 90 Jahren eine Menge Patina angesetzt haben, aufgearbeitet und poliert.
Die ersten Wochen der Umbauphase waren geprägt vom Abriss. So wurde die Bühnentechnik im Capitol komplett ausgebaut, überall Schlitze gefräst und Kabel verlegt. Was nahezu nach Zerstörung aussieht, wird im Nachhinein eine optische Aufwertung bringen, da sämtliche Kabel unter Putz verlaufen.
Im Rahmen der Vorbereitungen stieß unser Malermeister Steffen Gugenberger auf ein weiteres Kino, welches von Capitol Architekt Paul Darius in derselben Zeit gebaut wurde: im Gegensatz zum Capitol ist das Kino in Schramberg im Schwarzwald noch nahezu im originären Zustand und so konnten sich Thorsten Riehle und sein Team ein Bild machen, wie die alte Dame wohl einmal ausgestaltet war. Einige Elemente, wie Messingtürbeschläge und Messinglettern als Leitsystem haben den Weg zurück ins Haus gefunden. Mit der Spenden Kampagne „Glanz in die Hütte“ kamen rund 7.000 Euro für die Umsetzung an Spenden zusammen.
Auch vor der Bühnentechnik machte die Sanierung keinen Halt. Die Türme auf den beiden Bühnenseiten wurden entfernt und endlich kann, nach 20 Jahren, die komplette Bühne bespielt werden. Licht und Ton finden einen neuen Platz auf der neu installierten Traverse, die dank statischer Feinarbeit freischwebend wirkt und deutlich vor der Bühne platziert werden konnte. Für die Produktionen wird so die Einleuchtung deutlich einfacher und die technischen Möglichkeiten erhöht. Ein wichtiger Schritt um konkurrenzfähig zu bleiben und auch technisch anspruchsvollere Produktionen durchführen zu können. Die neue Traverse kann Material im Gesamtgewicht von 5 Tonnen tragen.
Auch die Saalbeleuchtung wurde erneuert und so strahlen nicht nur die Darsteller auf der Bühne, sondern vor, zwischen und nach der Show auch die Architektur in neuem Glanz.
Einige Dinge sind erst im Zuge der Sanierung zu Tage getreten, so z.B. Öffnungen, die in den vielen Jahren des Spielbetriebs verschlossen waren. Einige davon wurden wieder hergestellt: so sorgen neue Fenster auf der Empore ab sofort für eine bessere Belüftung.
Auch an Details wurde geschliffen: die Inneneinrichtung wurde an die vorgegebene Architektur angepasst, Flyer- und Magazinhalter erneuert.
Für das Besucherauge unsichtbar sind die Backstageräume vor denen die Sanierungsmaßnahme aber natürlich nicht Halt macht. Diese werden auf den neuesten Stand gebracht und sorgen für Wohlfühlatmosphäre hinter den Kulissen.
Am 31. August wurde mit der letzten Vorstellung von Chako Habekosts „de Weeschwie’sch-MÄN“ die Wiedereröffnung gefeiert. Es stehen aber noch einige abschließende Arbeiten an: ein Aufzug vom Keller vor die Bühne und die Erneuerung der Lüftungsanlage sind für das Frühjahr und den Sommer 2019 in Vorbereitung.
Kaum vorstellbar, aber das Capitol wird nach dem Umbau noch mehr Ort zum Verweilen und für alle Capitol Mitarbeiter natürlich der schönste Arbeitsplatz der Welt sein. Das Team freut sich jetzt schon auf neugierige Besucher, strahlende Augen und fantastische Veranstaltungen.