Mannheim. Bei der CDU Mannheim gehen die politischen Brandherde nicht aus.

CDU.KreisverbandMannheim

"Um Schaden von der Partei abzuwenden", hat der Kreisvorstand der Union jetzt einen Fragenkatalog an den ehemaligen Bundestagsabgeordneten und Ehrenvorsitzenden Egon Jüttner geschickt. Auslöser des Schreibens ist die Fernsehdokumentation "Aserbaidschan Connection". In der Sendung beleuchten die Autoren des SWR die Rolle von mehreren bundesdeutschen Parlamentariern im Zuge der sogenannten "Aserbaidschan-Affäre". Namentlich genannt werden in dem TV-Beitrag unter anderen Eduard Lintner, Egon Jüttner, sowie der zurückgetretene Mannheimer Ex-MdB Nikolas Löbel.

 

Im Jahr 2013 hatte auch der Mannheimer Egon Jüttner als Wahlbeobachter für den Europarat den CSU-Mann Eduard Lintner auf einer Reise in die Hauptstadt Baku begleitet. Die Staatsanwaltschaft Frankfurt am Main ermittelt seit Jahresbeginn gegen Lintner wegen des Verdachts der Bestechlichkeit mutmaßlich mit Geldern aus dem reichen Ölstaat am Kaukasus. Hintergrund der Untersuchungen ist Lintners Arbeit in der Parlamentarischen Versammlung des Europarats (PACE) und als Geschäftsführer der „Gesellschaft zur Förderung der deutsch-aserbaidschanischen Beziehungen“.
"Bitte haben Sie Verständnis, dass wir mit Blick auf die vergangenen Monate bei einer so stark wahrgenommenen Fernsehdokumentation darauf reagieren müssen", schreiben die kommissarische Mannheimer CDU-Kreisvorsitzende Katharina Funck und ihr Stellvertreter Egon Manz an den 79jährigen Jüttner. Das Schreiben liegt den BNN vor. Sie formulieren folgende Fragen: Wann waren Sie in Aserbaidschan? Welchen Zweck hatte(n) die Reise(n)? Wer hat Sie auf dieser/-n Reise(n) begleitet? Wer hat die Reise(n) organisiert? Wie wurde(n) die Reise(n) bezahlt? Haben Sie Gastgeschenke erhalten? Wenn ja, welche und mit welchem Gegenwert?
Von 1995 bis 2002 war Jüttner Vorsitzender des Mannheimer CDU-Kreisverbandes, seit 2002 ist er Ehrenvorsitzender. Im Mai wurde öffentlich, dass ihm der Kreisvorstand wegen Weitergabe interner Informationen einen Verweis ausgesprochen und ihn aufgefordert hat, den Ehrenvorsitz abzugeben. Diesem kommt Jüttner jedoch nicht nach. Der Vorgang liegt gegenwärtig beim Kreisparteigericht des Bezirksverbands Nordbaden in Mosbach. Jüttner von Sven-Joachim Otto anwaltlich vertreten. Otto war 1999 nur knapp als Oberbürgermeisterkandidat der CDU Mannheim dem SPD-Amtsinhaber Gerhard Widder unterlegen. Im Februar 2005 erstattete der damalige Landtagsabgeordnete Klaus Dieter Reichardt Anzeige wegen übler Nachrede und Beleidigung, nachdem er anonym in einem Internetforum verunglimpft worden war. Hinter dem Decknamen „Froschkönig“, unter dem die Affäre bekannt wurde, versteckte sich auch Reichardts Parteifreund Sven-Joachim Otto. Der entschuldigte sich öffentlich für sein Verhalten, zog sich aus der Kommunalpolitik zurück und verließ Mannheim.
Im Namen seines Mandaten Jüttner antwortete Rechtsanwalt Otto jetzt dem Mannheimer CDU-Kreisvorstand: "Ich bin sehr erstaunt, dass dieser Bericht, der eine Reihe von ehemaligen baden-württembergischen CDU Politikern, unter anderem den ehemaligen Mannheimer CDU Bundestagsabgeordneten Nikolas Löbel, sehr prominent herausstellt, während mein Mandant nur mit einem Satz erwähnt wird, zu den übersandten Fragen geführt haben soll". Die Antwort kommt prompt: Der Kreisvorstand sei aktuell damit beschäftigt, die Amtszeit von Nikolas Löbel aufzuarbeiten .
"Aus den Ereignissen der letzten Monate und dem vielfach geäußerten berechtigten Interesse nach Aufklärung vieler Mitglieder und der Öffentlichkeit hat der Kreisvorstand unter anderem den Schluss gezogen, mit künftigen Verdachtsmomenten proaktiv umzugehen, um künftig Schaden von unserer Partei im Falle von Verfehlungen Einzelner besser abwenden zu können", heißt es wörtlich in der Replik, die den BNN vorliegt. Jüttner sei zudem die einzige in der Dokumentation genannte Person, die heute Mitglied der CDU Mannheim ist. "Insofern haben wir nur hier eine Handhabe, nicht mehr aber beispielsweise gegenüber Herrn Löbel, der bekanntermaßen seit März nicht mehr Mitglied unserer Partei ist", schließt Katharina Funck.
Unterdessen hat sich Neues in Sachen "Maskenaffäre" ergeben. Die Bundestagverwaltung teilte mit, dass Nikolas Löbel nicht gegen das Abgeordnetengesetz verstoßen hat und seine Provisionen von rund 250 000 Euro behalten kann. Der Ex-Bundestagsabgeordnete habe ein Prüfverfahren anstandslos durchlaufen. Die Verwaltung bestätigt den Abschluss des Verfahrens mit Verweis auf den Paragrafen 44a im Abgeordnetengesetz, der Zuwendungen an die Parlamentarier regelt.

Wolf H. Goldschmitt