Roland Hartung Ehrung Jüdische Gemeinde Mannheim

Mannheim. Einige nennen ihn dickköpfig, andere unbequem. Roland Hartung stört es nicht. Der 86jährige lässt sein Lebenswerk für sich sprechen. Kaum ein gebürtiger Mannheimer hat seine Heimatstadt so geprägt wie der Käfertaler Bauernsohn. Zu seinen zahlreichen Auszeichnungen ist nun eine weitere hinzugekommen, auf die er besonders stolz ist: Die nur selten verliehene Ehrenmedaille der Jüdischen Gemeinde Mannheim.
Und die kommt nicht von ungefähr. Ohne den ehemaligen Fraktionschef einer damals noch mächtigen CDU gäbe es wohl kaum das Jüdische Gemeindezentrum. Hartung habe entscheidende Weichen gestellt, dass der 1987 eingeweihte Treffpunkt in F 3 entstanden und damit wieder jüdisches Leben im Herzen der Stadt möglich geworden sei, würdigte Rita Althausen, die Vorsitzende der Jüdischen Gemeinde diese Pionierarbeit. Er habe dafür gesorgt, dass die jüdischen Opfer des Nationalsozialismus dem Vergessen entrissen worden seien.
Von Hartungs ausgeprägtem Geschichtsbewusstsein und seiner christlicher Grundhaltung sprach der Laudator der Sonntagsmatinee im Samuel-Adler-Saal, Sven Otto, auch einmal CDU-Fraktionsvorsitzender in Mannheim. Er hatte aber die Stadt vor 16 Jahren nach einem politischen Skandal verlassen. Erster Bürgermeister Christian Specht ging in seinem Grußwort sogar darauf ein: "Wenn du, lieber Sven, nicht gegangen wärst, wer weiß, wie sich die Stadt dann entwickelt hätte".
Otto nannte Hartung „einen ganz besondere Mannheimer Persönlichkeit“. Zurecht, denn in welche Ämter man ihn auch berufen hatte - nie verlor der "Kämpfer" Bodenhaftung und sein Naturell. Über ein Dutzend Jahre prägte der Rechtsanwalt eloquent als Fraktionsvorsitzender der "Schwarzen" in einer damals "roten" Hochburg das Gesicht der Konservativen. 1972, 1980 und 1983 kandidierte er als Oberbürgermeister. Und fast schaffte er einmal sogar den Sprung an die Rathausspitze. Rückblickend erwies sich das Scheitern als Glück für die Stadt. Sogar mit Unterstützung der Gewerkschaft wechselt der CDU-Mann als Vorstandsvorsitzender zur städtischen MVV und lenkt dort 15 Jahre die Geschicke des Energiekonzerns. In dieser Phase transformiert Hartung mit Mut zum Risiko und Weitblick ein verschlafenes Stadtwerk zu einer börsennotierten Firmengruppe. Bis heute profitiert die Stadtkasse von seinen Entscheidungen, die damals heftig kritisiert werden. Der Ehrenring, die zweithöchste Auszeichnung der Kommune, bleibt bislang das einzige, das Roland Hartung für seine Arbeitsleistung erhalten hat. Im Unruhestand legt er sogar noch eine Schippe drauf. Als Verwaltungsratsvorsitzender der Abendakademie drückt er dem Neubau in U 1 seinen Stempel auf - erneut gegen heftige Widerstände dem Rathaus.
An diesem Morgen steht aber besonders der Kampf Hartungs gegen Antisemitismus und "Erinnerungslyrik ohne Folgen" im Mittelpunkt. Der geehrte nannte den Antisemitismus eine „geistige Krankheit“, die viele Ursachen habe. Auch die großen christlichen Kirchen hätten einen Teil der Schuld auf sich geladen, so Hartung unverblümt. Dass es ihm mit gelungen sei, dass die Stadt das frühere Parkplatzgrundstück F 3 für eine neue Synagoge zu nutzen, sei mit Abstand eines seiner Herzensprojekte gewesen.

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Wolf Goldschmitt

Roland Hartung erhält von Rita Althausen die Ehrenmedaille der Jüdischen Gemeinde Mannheim. Text/Bild: Goldschmitt