Jan Dehl erhält dritten Bertha-und-Carl-Benz-Preis der Stadt Mannheim

Mannheim News flashEntschleunigung, Fußläufigkeit und viel Stadtgrün: Für seine Visionen einer lebenswerten Stadtgesellschaft würdigte die Stadt Mannheim heute (Sonntag, 6. März 2016) das erfolgreiche Engagement von Prof. Dr. Jan Gehl mit dem dritten „Bertha-und-Carl-Benz-Preis". „Wir ehren mit Prof. Dr. Jan Gehl ein Vorbild für die Entwicklung neuer und zukunftsorientierter Mobilitätskonzepte“, betonte Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz im Beisein zahlreicher Stadträtinnen und Stadträte bei der feierlichen Preisverleihung im Zeughaus.

Mit dem „Bertha-und-Carl-Benz-Preis“ würdigt die Stadt Mannheim Personen, Gruppen oder Organisationen, die sich um eine bedeutende Verbesserung der Mobilität - insbesondere um eine umweltgerechtere, sozialere oder einfachere Mobilität - verdient gemacht haben.

Mehr Lebensqualität in Städten
Seit mehr als 40 Jahren arbeitet der dänische Architekt und Stadtplaner weltweit daran, städtische Zentren zu menschenfreundlichen, lebhaften, sicheren, umweltgerechten und gesunden Orten umzugestalten. Er ist in Skandinavien, Australien und den USA ein populärer Experte für Stadtplanungs- und Mobilitätsfragen. Bekanntestes Beispiel seiner Arbeit ist seine Heimatstadt Kopenhagen mit der längsten Fußgängerzone Europas und rund 1.000 Kilometern an Radwegen im Großraum. Der Anteil an Radfahrern liegt dort bei 37 Prozent, 38 Prozent sind Fußgänger und nutzen öffentliche Verkehrsmittel.

„Prof. Dr. Jan Gehls Wirken und Werk ist weit mehr als ein Plädoyer für "grüne und nachhaltige“ Mobilität“, erklärter Dr. Kurz. „Der Beweis für die Machbarkeit und Richtigkeit seiner Thesen ist anhand von mittlerweile unzähligen Beispielen aus vielen Städten in unterschiedlichsten Ländern und Kontinenten untermauert. Angeführt wird diese Liste von dem Beispiel seiner Heimatstadt Kopenhagen, in der seine Philosophie bereits seit 1962 mit langem Atem umgesetzt, verfeinert und weiterentwickelt wird - mit eindrucksvollem Erfolg.“

Als Berater des Department of Transportation in New York hat er außerdem dafür gesorgt, dass Fußgänger- und Radfahrerzonen am Broadway und im Bereich des Times Square entstanden sind. Auch geht der intensive Ausbau des Radwegenetzes in der US-amerikanischen Metropole auf ihn zurück. Prof. Dr. Gehl betreute Projekte in Shanghai, London und vielen anderen Großstädten und ist bis heute in allen Erdteilen aktiv.

Umweltgerechtere, sozialere und einfachere Mobilität
„Ich freue mich, dass wir auch im dritten Jahr, in dem wir diesen Preis vergeben, wieder einen international renommierten Preisträger auszeichnen können. Prof. Dr. Jan Gehl sorgt weltweit mit seinen Planungen für Fußgänger und Radfahrer für ein verändertes Verständnis von Urbanität, Lebensqualität und dafür, dass Städte wieder zu Begegnungsorten werden und zudem energetisch effizienter und weniger unfallträchtig sind“, so Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz.

Am 24. November 2015 hatte das Preisgericht unter Vorsitz des Oberbürgermeisters den dänischen Architekten und Stadtplaner zum Preisträger des dritten „Bertha-und-Carl-Benz-Preis“ gekürt. Das Preisgericht begründete seine Entscheidung damit, dass das Gesamtwirken von Prof. Dr. Gehl eine bedeutende Verbesserung der Mobilität darstellt und er sich insbesondere um eine umweltgerechtere, sozialere oder einfachere Mobilität verdient gemacht hat. Damit erfülle er die Kriterien der Satzung für den Preis in vollem Umfang.

„Jan Gehl macht in und mit seinem Werk plausibel, warum er als Ausgangspunkt und zentrale Komponente den öffentlichen Raum der Straßen und Plätze fokussiert, also die Überlagerung von technischen Infrastruktur-Bausteinen einerseits und stadträumlichen Elementen andererseits“, ehrte Dr. Robert Kaltenbrunner, Leiter der Abteilung „Bauen, Wohnen, Architektur“ beim Bundesamt für Bauwesen und Raumordnung, den Preisträger in seiner Laudatio. „Was er zu sagen hat, gleicht einem Manifest. Und das richtet sich gegen die unbedachte Modernisierung der Städte, die Ideologien folgt, jedoch darüber die Bewohner vergisst. Architektur und Planung, das wird deutlich, haben nicht nur einen Auftrag, sondern auch Verantwortung. Und die muss auch eingelöst werden. Was Jan Gehl personifiziert wie kein zweiter.“

Menschen im Zentrum der Stadtplanung
„Warum interessieren sich Architekten nicht für Menschen?“, mit dieser einfachen Frage seiner Frau sollte sich Prof. Dr. Gehls Sichtweise nachhaltig ändern. „Als ich in den 1950er Jahren Architektur studierte, wurde mir beigebracht, dass Modernisierung das Ziel der Architektur sei: Städte mit Freiräumen oder viel Grün galten als schlecht, neue Gebäude als gut“, erinnerte sich der Preisträger. „Doch Architektur ist viel mehr als das, was ich damals gelernt habe, denn es geht um die Menschen, die in diesen Städten leben. Deshalb begann ich, die Verbindungen zwischen Architektur, Psychologie und Soziologie zu studieren und in Dokumentationen sichtbar zu machen.“

Es gehöre zu den Herausforderungen der kommenden Jahre, städtische Zentren als menschenfreundliche, lebhafte und sichere Orte zu gestalten, erklärte der Oberbürgermeister. Mit seinen Planungen und Konzepten zur Gestaltung von Städten, insbesondere für Fußgänger und Radfahrer trage Prof. Dr. Gehl maßgeblich dazu bei, Städte verstärkt zu energetisch effizienten und sicheren Begegnungsorten zu entwickeln.

„Mein herzlicher Dank gilt dem Oberbürgermeister und der Stadt Mannheim für diesen besonderen Preis. Wir stehen heute vor den großen Herausforderungen, denn es liegt an uns, Städte nachhaltiger, lebenswerter und gesünder zu gestalten“, bedankte sich Prof. Dr. Gehl, indem er einen Ausschnitt seiner bisherigen Arbeit präsentierte.

Hintergrundinformation:
Die Stadt Mannheim stiftete 2011 den „Bertha-und-Carl-Benz-Preis“ anlässlich des 125-jährigen Automobiljubiläums. Der Preis ist mit 10.000 Euro dotiert und wird alle zwei Jahre verliehen. Als Preisträger kommen Personen, Gruppen und Organisationen in Betracht, die sich um eine bedeutende Verbesserung der Mobilität - insbesondere um eine umweltgerechtere, sozialere oder einfachere Mobilität - verdient gemacht haben.
Die Satzung des Preises sieht vor, dass er nicht öffentlich ausgeschrieben, sondern auf Vorschlag des Preisgerichts durch den Gemeinderat zuerkannt wird. 2011 ging der Preis an Shai Agassi für seine Arbeit im Bereich der Elektromobilität, 2013 erhielt Prof. José del. R. Millán für seine Forschung an Brain-Computer-Interfaces zur Steuerung von Mobilitätshilfen für bewegungseingeschränkte Menschen die Auszeichnung.