Auf der Spur neuer Therapieoptionen der Herzinsuffizienz

Klinikum MannheimGemeinsame Forschung von Wissenschaftlern in Deutschland und Frankreich

Die Herzinsuffizienz ist weltweit eine der häufigsten Erkrankungen mit weitreichenden wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Folgen. Charakteristische Merkmale dieser Erkrankung sind eine dauerhafte Aktivierung des sympathischen Nervensystems und des Renin-Angiotensin-Aldosteron-Systems (RAAS) sowie eine vermehrte Bildung natriuretischer Peptide (NP). Während Sympathikus- und RAAS-Aktivierung zunächst zur Aufrechterhaltung der Herzleistung und des Blutdrucks entscheidend beitragen, führt eine dauerhafte Aktivierung der beiden Systeme zu einem molekularen und strukturellen Umbau des Herzgewebes.

Kennzeichnend für diese Umbauprozesse sind eine Größenzunahme des Herzens sowohl auf Zell- als auch Organebene, eine verstärkte Bindegewebseinlagerung und eine fortschreitende Einschränkung der Pumpfunktion. Die zentralen Strategien zur Therapie der Herzinsuffizienz zielen entsprechend darauf ab, diese beiden Systeme zu hemmen: Sympathikus mittels β-Adrenozeptorantagonisten (β-Blocker) und RAAS beispielsweise mittels Angiotensin II-Rezeptorantagonisten (AT1-Blocker).

Natriuretische Peptide wirken nach heutigem Verständnis sowohl der RAAS-Aktivierung als auch den Umbauprozessen des Herzgewebes entgegen. Seit 2015 ist ein dualer Wirkstoff (LCZ696) zur Therapie der symptomatischen chronischen Herzinsuffizienz und eingeschränkten Pumpfunktion des Herzens zugelassen, der den klassischen AT1-Blocker Valsartan mit Sacubitril, einem Inhibitor des NP-degradierenden Enzyms Neprilysin, kombiniert. Im Vergleich zur Standardtherapie, der einfachen Hemmung des RAAS, traten in klinischen Studien mit LCZ696 weniger Todesfälle auf. Mit dem Erfolg dieses Wirkstoffs rückten natriuretische Peptide erneut in den Fokus der Herzinsuffizienztherapie. Bislang ist allerdings der Mechanismus, über den Sacubitril seine positive Wirkung entfaltet, weitgehend ungeklärt.

Eine Forschergruppe, die sich aus Wissenschaftlern aus Mannheim (Dr. Christiane Vettel), Göttingen/Dresden (Prof. Dr. Ali El-Armouche) und Paris (Prof. Dr. Rodolphe Fischmeister) zusammensetzt, beschäftigt sich mit dem Enzym Phosphodiesterase 2 (PDE2). PDE2 ist ein potentielles Bindeglied zwischen NP-Signalkaskaden und dem Schutz vor toxischer Sympathikus-Aktivierung.

In der Herzmuskelzelle stehen sich auf molekularer Ebene zyklisches Adenosinmonophosphat (cAMP) als Effektor der β-adrenergen Signalkaskade und zyklisches Guanosinmonophosphat (cGMP) als Effektor des NP-Signalwegs gegenüber. PDE2 baut cAMP ab und wird durch cGMP in hohem Maße aktiviert: Die Bindung von cGMP steigert den PDE2-abhängigen Abbau von cAMP um ein Vielfaches und hemmt auf diese Weise die Folgen einer Sympathikus-Aktivierung in der Herzmuskelzelle.

Vorarbeiten der Arbeitsgruppe zeigten, dass bei Patienten mit chronischer Herzinsuffizienz der Spiegel an PDE2 im Herzen erhöht ist. Um die Bedeutung von PDE2 im Zusammenhang mit der chronischen Aktivierung des Sympathikus aufzuklären, verfolgten die Wissenschaftler zwei experimentelle Ansätze: Zum einen erhöhten sie die Expression von PDE2 spezifisch in Herzmuskelzellen der Maus, zum anderen untersuchten sie den Effekt eines PDE2-spezifischen Hemmstoffs im Tiermodell. Die aktuell in „Circulation Research“ publizierten Ergebnisse belegen, dass PDE2 im Herzen eine die Schlagfrequenz senkende Wirkung hat und höhere Mengen von PDE2 sowohl vor Arrhythmien schützen als auch einem nach Herzinfarkt einsetzenden Pumpversagen entgegenwirken.

Die Ergebnisse stellen deshalb PDE2 ins Zentrum eines Mechanismus, der vor erhöhter Sympathikus-Aktivierung in Herzmuskelzellen schützt. Trotz der Hochregulation von PDE2 im kranken Herzen scheint dieser protektive Effekt ohne zusätzliche Bereitstellung von cGMP jedoch nicht ausreichend zu sein.

Aus dieser Erkenntnis erwächst ein neuer vielversprechender Ansatz, den die Arbeitsgruppe derzeit experimentell verfolgt, nämlich die direkte Aktivierung der PDE2. Neben der indirekten Aktivierung, wie sie bei der Hemmung des NP-Abbaus durch Sacubitril zu erwarten ist, könnte die direkte PDE2-Aktivierung eine neue therapeutische Option zur Behandlung der chronischen Herzinsuffizienz darstellen.