Weltweit erste Studie zur Behandlung von Gehirnaneurysmen mit Medikamenten

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UMM

Bis zu eineinhalb Millionen Menschen in Deutschland tragen vermutlich ein Aneurysma im Gehirn. Diese Aussackungen entstehen, wenn sich ein Blutgefäß ausweitet und die Gefäßwand nachgibt. Aneurysmen wachsen vor allem unter der Wirkung von Risikofaktoren wie Bluthochdruck oder Entzündungsvorgängen und können als Folge hiervon einreißen. Das führt zu einer Gehirnblutung mit einer hohen Lebensgefahr.
Bisher gibt es keine wirksame Maßnahme gegen die Risikofaktoren für Aneurysmen, zum Beispiel medikamentöse Therapien. Das möchte die Neurochirurgische Klinik der Universitätsmedizin Mannheim (UMM) ändern und startet jetzt die weltweit erste Phase

III-Studie zur medikamentösen Behandlung der Risikofaktoren bei Aneurysmen.

PD Dr. med. Nima Etminan, stellvertretender Direktor der Neurochirurgischen Klinik (Direktor: Prof. Dr. med. Daniel Hänggi) an der UMM, leitet die klinische Studie PROTECT-U1, die an 20 universitären Gefäßzentren in Deutschland und den Niederlanden durchgeführt wird. „Aneurysmen kommen relativ häufig vor: Etwa drei Prozent der Erwachsenen in Deutschland – also knapp eineinhalb Millionen Menschen – sind davon betroffen“, berichtet Etminan. Die Aussackungen verursachen allerdings meist keine Beschwerden und werden daher oft nur zufällig bei CT oder MRT-Untersuchungen des Kopfes entdeckt, die meist wegen nicht ursächlicher Beschwerden wie Kopfschmerzen oder Schwindel durchgeführt werden. „Nicht alle Aneurysmen müssen vorsorglich operiert oder mit einem Katheter-Eingriff behandelt werden, insbesondere wenn das Risiko des Einreißens niedrig oder das Risiko der Behandlung hoch ist“, so der Neurochirurg weiter. „Derartige Aneurysmen werden mit regelmäßigen Bildgebungen überwacht. Bis heute gibt es keine anerkannte Medikation oder Therapie, mit der die Gefahr des weiteren Wachstums oder sogar Einreißens reduziert wird.“

Die Studie PROTECT-U soll nun überprüfen, ob eine Kombination aus intensivierter Blutdrucksenkung auf Werte unter 120 mmHg und einer täglichen Dosis von 100 mg Azetylsalizylsäure (ASS) die Wahrscheinlichkeit des Wachstums und entsprechend des Einreißens von Aneurysmen senken kann. Hinweise auf positive Effekte beider Maßnahmen ergeben sich aus früheren, kleineren Studien. Nun soll bei knapp 400 Studienteilnehmern die neue Kombination getestet werden, während weitere 400 Patienten in der Vergleichsgruppe mit der bisherigen Standardtherapie behandelt werden – der alleinigen Blutdrucknormalisierung auf Werte unter 140 mmHg.

Teilnehmende Patienten profitieren von einer engmaschigen Überwachung mit halbjährlichen Arztterminen und der Auswertung der bildgebenden Untersuchung (CT oder MRT) durch ein unabhängiges Institut, um z. B. kleine Veränderungen der Aneurysmen systematisch und unabhängig von der Studiengruppe zu erfassen. Die ersten Patienten können ab 21. September 2017 an der UMM an der Studie teilnehmen. Interessenten melden sich unter Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein! oder 0621-383-5968.

Die Studie ist auf insgesamt fünf Jahre ausgelegt und wird von der gemeinnützigen Dr. Rolf M. Schwiete Stiftung gefördert: Sie übernimmt bis zu zwei Drittel der Kosten von insgesamt rund 2 Millionen Euro.