Zuwanderungsgeschichte spielt im Rhein-Neckar-Kreis eine Rolle – Ergebnisse des zweiten Integrationsbarometers des Rhein-Neckar-Kreises bestätigen Handlungsbedarfe  

RNKneuEin Jahr nach dem ersten Integrationsbarometer führte die Stabsstelle für Integration und gesellschaftliche Entwicklung im Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis Anfang 2023 das zweite Integrationsbarometer durch. „Besonders interessierte uns, ob sich das Stimmungsbild zum Stand der Integration im Rhein-Neckar-Kreis durch den Zuzug von Geflüchteten aus der Ukraine verändert hat,“ erklärt Dr. Anne Kathrin Wenk, Stabsstellenleiterin und Integrationsbeauftragte des Landkreises. „Viele Ergebnisse haben sich jedoch bestätigt. Dies ist auch deshalb spannend, da nicht genau dieselben Personen befragt wurden.“

Knapp 500 Personen haben nach einem öffentlichen Aufruf am zweiten Integrationsbarometer teilgenommen. 15 Prozent der Befragten gaben an, eine eigene Zuwanderungsgeschichte zu haben. „Laut dem Statistischen Landesamt haben in der Region Rhein-Neckar zwar rund 33 Prozent der Bevölkerung einen sogenannten Migrationshintergrund. Es ist dennoch ein Erfolg, dass mit der Befragung immerhin mehr als 70 Personen mit eigener Zuwanderungsgeschichte erreicht wurden“, so Maria Theresia Brucker, stellvertretende Stabsstellenleiterin, die die Befragung vonseiten des Landratsamts geleitet hat.

Wie steht es um die Integration im Rhein-Neckar-Kreis? Was hat sich im vergangenen Jahr getan?

 

In den letzten Monaten waren in den Zeitungen regelmäßig Beiträge zur Unterbringung von Geflüchteten durch die Kommunen zu lesen. Immer wieder wurde die Aufgabe der Integration von Geflüchteten als eine „Mammutaufgabe“ betitelt. Nachrichten wie diese scheinen auch die Teilnehmenden des Integrationsbarometers wahrgenommen zu haben. So sind weniger als die Hälfte aller Befragten der Auffassung, dass die Integration im Kreis auf einem guten Weg ist: Volle Zustimmung zu dieser Aussage erteilten nur knapp 6 Prozent. „Trifft eher zu“ antworteten knapp 40 Prozent an. Im ersten Integrationsbarometer 2022 lag die Zustimmungsquote insgesamt noch bei rund 57 Prozent. Das Ergebnis bestätigt, dass Integration kein linearer Prozess ist. Durch gesellschaftliche Entwicklungen werden dagegen stets neue Ansätze erforderlich.

Ein wichtiger Baustein auf dem Weg der Integration ist die Sprache. Der Aussage „Sprachbarrieren stellen für viele Menschen im Rhein-Neckar-Kreis eine Herausforderung dar“ stimmen knapp 90 Prozent der Befragten zu. 2022 lag die Zustimmungsquote auf einem vergleichbaren Niveau.

Obwohl das Thema Deutschsprachförderung bereits stark im Fokus der Integrationsarbeit steht, gibt es immer wieder Personengruppen, bei denen die vorhandenen Angebote nicht greifen. Dazu können beispielsweise Mütter von kleinen Kindern zählen. Um diese Lücke zu füllen, hat das Landratsamt bereits im Jahr 2021 einen speziellen Deutschsprachkurs für Frauen mit Kinderbetreuung als Pilotprojekt eingerichtet. Das Modell hat sich bewährt. Daher fördert die Stabsstelle für Integration und gesellschaftliche Entwicklung ab Sommer 2023 mehrere Sprachfördermaßnahmen für Frauen im Rhein-Neckar-Kreis. Seit mehreren Jahren gibt es außerdem in den Sommerferien spezielle Intensivsprachkurse für angehende Auszubildende. 

Sprachkurse entfalten ihre Wirkung allerdings erst nach einer längeren Zeit. In manchen Fällen ist eine sprachliche Unterstützung jedoch von Anfang an notwendig. Daher hat das Landratsamt im vergangenen Jahr mithilfe von Landesfördermitteln einen Sprachmittlungsdienst für den Kreis eingerichtet. Dieser trägt dazu bei, Sprachbarrieren zu überwinden und erleichtert den Kontakt zwischen Menschen mit geringen Deutschsprachkenntnissen und Behörden, sozialen Einrichtungen oder weiteren Institutionen. Im laufenden Jahr soll der Sprachmittlungsdienst ausgebaut und weitere Sprachmittelnde ausgebildet werden.

Maßnahmen wie diese erleichtern insbesondere zugewanderten Menschen den Zugang zu Behörden. Knapp ein Drittel aller Befragten des Integrationsbarometers ist allerdings der Auffassung, dass der Zugang zu Angeboten und Dienstleistungen der Behörden im Rhein-Neckar-Kreis für Menschen mit Zuwanderungsgeschichte nicht genauso möglich ist, wie für Menschen ohne Zuwanderungsgeschichte. An dieser Stelle zeigen sich deutliche Unterschiede bei den Befragtengruppen: Befragte mit eigener Zuwanderungsgeschichte schätzen den Zugang deutlich schlechter ein. Nur 58 Prozent der Befragten mit eigener Zuwanderungsgeschichte gehen von einem gleichwertigen Zugang zu Angeboten und Dienstleistungen bei Behörden aus; bei den Befragten ohne Zuwanderungsgeschichte sind es immerhin 73 Prozent. Die Einschätzung ist ebenfalls vergleichbar zu 2022.

Des Weiteren markieren die Ergebnisse des Integrationsbarometers Handlungsbedarf in Bezug auf den Zugang zum Arbeitsmarkt. „Menschen mit Zuwanderungsgeschichte im Rhein-Neckar-Kreis haben auf dem Arbeitsmarkt bei gleicher Qualifikation die gleichen Chancen wie Menschen ohne Zuwanderungsgeschichte.“ Dieser Aussage verneinten knapp zwei Drittel der Teilnehmenden – unabhängig davon, ob eine eigene Zuwanderungsgeschichte vorliegt oder nicht. Dieses Ergebnis deckt sich mit Ergebnissen anderer Untersuchungen, wie auch mit dem Integrationsbarometer 2022. So hat eine Studie des Sachverständigenrats für Integration und Migration schon im Jahr 2014 hervorgebracht, dass Diskriminierungen am Ausbildungsmarkt bestehen. Unter anderem hat sich gezeigt, dass qualifizierte Bewerberinnen und Bewerber aufgrund ihres als türkisch wahrgenommenen Namens nicht zu Vorstellungsgesprächen eingeladen wurden.

Nicht nur am Arbeitsmarkt, sondern auch im Bildungssystem müssen die Teilhabechancen verbessert werden. Eine gute Ausbildung ist schließlich die Voraussetzung für eine gute Arbeitsstelle. Nur knapp über die Hälfte der Befragten des Integrationsbarometers sind – wie auch 2022 – der Auffassung, dass Kinder und Jugendliche mit und ohne Zuwanderungsgeschichte dieselben Teilhabechancen am Bildungssystem im Rhein-Neckar-Kreis haben. Nicht zuletzt aus diesem Grund wird die Stabsstelle für Integration und gesellschaftliche Entwicklung auch in diesem Jahr die Ausbildung von weiteren Interkulturellen Elternmentorinnen und Elternmentoren vorantreiben. Hierbei werden Engagierte geschult, um anschließend als niedrigschwellige Ansprechpersonen für Eltern insbesondere im Kontext von Kita und Schule zur Verfügung zu stehen.

Weiterführende Informationen zu den Frauensprachkursen:

undefined

Weiterführende Informationen zum Sprachmittlungsdienst:

undefined

Weiterführende Informationen zu den Interkulturellen Elternmentorinnen und -mentoren:

undefined