Weichenstellung statt Bildungsarmut

Spitzentreffen 17„Weinheimer Initiative“ beschäftigt sich in diesem Jahr mit „Perspektiven junger Armer“ – Rhein-Neckar-Kreis erstmals beim „Spitzentreffen“

Weinheim. Der 18. Geburtstag ist meistens ein einschneidendes Ereignis. Nicht für alle Menschen ist der Eintritt in die Volljährigkeit positiv. Denn mit dem Erwachsenwerden fallen oft Hilfeleistungen weg – der junge Mensch ist für sich ganz alleine verantwortlich. Die Folge ist nicht selten: eine so genannte „gebrochene“ Arbeitsbiografie, ein Abrutschen in Arbeitslosigkeit noch vor dem Berufsabschluss oder dem Beginn einer Ausbildung. Perspektivlosigkeit, Jugendarmut. Bildungsarmut. Klar, dass dieses Thema auch die Arbeitsgemeinschaft „Weinheimer Initiative“ beschäftigt, die sich bundesweit um die Kommunale Koordinierung des Übergangs von der Schule ins Berufsleben kümmert – darum, dass Städte, Gemeinden und Kreise vor Ort die Akteure bündeln, die Menschen nach der eher behüteten Schule einen Anschluss im Arbeitsleben ermöglichen.
„Perspektiven junger Armer“, so lautet ein Jahresschwerpunkt-Thema der „Weinheimer Initiative“ in diesem Jahr. Bei dem schon traditionellen „Spitzentreffen“ der Akteure – es sind überwiegend Bürgermeister, Oberbürgermeister und Dezernenten – in Weinheim, dem Gründungsort der Arbeitsgemeinschaft, wurden dazu jetzt inhaltliche Schwerpunkte besprochen.
Wie geht die Gesellschaft mit jungen Armen um? Wie nehmen Kommunen die Herausforderung „arme, junge Bürgerinnen und Bürger“ an? Welche Unterstützungen, welche Selbstorganisationen gibt es? Fragen wie diese, jetzt angesprochen von Dr. Wilfried Kruse, dem Koordinator der Arbeitsgemeinschaft, werden Mitte Februar in Karlsruhe beim diesjährigen „JahresforumExtra“ angesprochen. Der Ort hat Symbolcharakter, denn die Stadt Karlsruhe, als zweitgrößte in Baden-Württemberg, ist seit diesem Jahr Mitglied in der „Weinheimer Initiative“, ebenso neu übrigens wie der Rhein-Neckar-Kreis, der größte Landkreis in Baden-Württemberg. Damit sind zwei neue wichtige Akteure dazugekommen, die ein klares Bekenntnis ablegen für eine kommunale Koordinierung am Übergang von der Schule ins Berufsleben.
Weinheims Oberbürgermeister Heiner Bernhard, der einer von zwei Sprechern der Initiative ist, begrüßte beim Spitzentreffen die Vertreter der beiden neuen Mitgliedskommunen: Bürgermeister Martin Lenz aus Karlsruhe und Hans Werner als Bildungsdezernent des Rhein-Neckar-Kreises. Bernhard verwies auf die Impulse und Anregungen, welche die „Weinheimer Initiative“ den Mitgliedskommunen bietet und betonte den großen Nutzen der interkommunalen Zusammenarbeit. Er erinnerte auch an den wesentlichen Anteil der in Weinheim ansässigen Freudenberg Stiftung, die zu den Gründern und Förderern seit Anfang an gehört. Mit dem Konzept der Kommunalen Koordinierung und der Lokalen Verantwortungsgemeinschaft besitze die Weinheimer Initiative ein Alleinstellungsmerkmal in den einzelnen Mitgliedskommunen sowie eine hohe Fachlichkeit und inhaltliche Tiefe.
Er verwies darauf, dass neben der Planung des unmittelbar bevorstehenden JahresforumExtra auch schon die Vorbereitungen auf das Jahresforum in Chemnitz/Sachsen am 7. und 8. Juni laufen. Dabei wird das Thema „Arbeitswelt 4.0“ insbesondere unter dem Aspekt der Chancen und Risiken gelingender Übergänge in die Berufsausbildung beleuchtet.
Dr. Wilfried Kruse resümierte, dass die Weinheimer Initiative in den letzten zehn Jahren bundesweit erheblichen politischen und fachlichen Einfluss auf die Gestaltung des Übergangs Schule – Arbeitswelt hatte. Inzwischen habe das Konzept „Kommunale Koordinierung“ sogar Einzug gehalten in zahlreiche Bundes- und Landesprogramme.
Zuvor hatte Weinheims OB Bernhard auf ein arbeitsreiches Jahr 2016 der Initiative zurückgeblickt, in dem erstmals drei Jahresforen stattfanden: Neben dem regulären Jahresforum in Weinheim und Mannheim im Juni, waren aus aktuellem Anlass zwei weitere „JahresforenExtra“ anberaumt worden. Eines befasste sich im März 2016 in Stuttgart mit der Situation junger Geflüchteter und ihre Integration in Ausbildung und Beruf. Das zweite im Dezember 2016 in Berlin mit der Vielfalt in der Berufsausbildung.