Insgesamt 27 Millionen Euro für Sonderforschungsbereiche der Medizinischen Fakultät Heidelberg

27. Mai 2022

UniKlinikHeidelberg 

Ein erfolgreicher Sonderforschungsbereich (SFB) kann in die dritte Förderperiode starten, ein neuer kommt dazu / Insgesamt acht Sonderforschungsbereiche an der Medizinischen Fakultät Heidelberg angesiedelt / Neuer SFB zu Herzforschung: Molekulare Schaltkreise von Herzerkrankungen entschlüsseln für maßgeschneiderte Therapien / SFB zur Infektionsforschung verlängert: wie sich Viren und Parasiten verbreiten und wie der Körper sie bekämpft

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) unterstützt in den kommenden vier Jahren zwei Sonderforschungsbereiche (SFB) der Medizinischen Fakultät Heidelberg (MFHD) mit insgesamt rund l26,9 Millionen Euro: Dem bereits bestehenden und erfolgreichen SFB zu Infektionsforschung bewilligte die DFG eine dritte Förderperiode. Neu dazugekommen ist ein SFB zur Herzforschung. „Als Dekan gratuliere ich allen beteiligten Forschenden herzlich, und danke für das herausragende Engagement. Die Entscheidung der DFG würdigt ihre exzellente wissenschaftliche Arbeit und die zukunftsweisenden Konzepte. Als Sprecher des SFB 1129 zur Infektionsforschung freue ich mich natürlich sehr über die Bewilligung einer dritten Förderperiode, in der wir unsere Projekte weiterverfolgen können. Ebenso wichtig ist die Bewilligung eines neuen SFB zum Thema Herzerkrankungen, einem ausgewiesenen Schwerpunkt der Heidelberger Medizinischen Fakultät und des Universitätsklinikums", sagt Professor Dr. Hans-Georg Kräusslich, Dekan der MFHD. Hier sind aktuell insgesamt acht SFBs angesiedelt, Heidelberger Forschende sind an weiteren elf SFBs beteiligt.

Der neue SFB 1550 „Molekulare Schaltkreise von Herzerkrankungen" hat zum Ziel, die Grundlagen für neuartige maßgeschneiderte Therapien von angeborenen und erworbenen Herzerkrankungen zu legen. Dafür werden vielfältige Daten über den Einfluss der Umwelt auf Gene und ihre Produkte, auf den Stoffwechsel sowie über Krankheitsbilder von Betroffenen erhoben, um daraus mittels computergestützter Netzwerk-Analysen die neuralgischen Schalter in der molekularen Krankheitsentstehung zu enttarnen, experimentell zu bestätigen und schließlich für die Entwicklung neuer Therapien zu nutzen. Sprecher ist Professor Dr. Johannes Backs, Direktor des Instituts für Experimentelle Kardiologie. Stellvertretender Sprecher ist Professor Dr. Norbert Frey, Direktor der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie am UKHD. Der SFB wird in der ersten Förderperiode mit rund 14 Millionen Euro gefördert. Die Projektteams gehören neben der MFHD, der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg, dem European Molecular Biology Laboratory (EMBL) und dem Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) an.

Beim SFB 1129 "Integrative Analyse der Replikation und Ausbreitung pathogener Erreger" stehen die Wechselbeziehungen von Krankheitserregern und Wirt im Fokus der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Die Sprecherfunktion des nun mit 12,9 Millionen Euro geförderten SFB (zuvor 10,8 Millionen Euro und 13,1 Millionen Euro) hat Professor Dr. Hans-Georg Kräusslich inne, Geschäftsführender Direktor des Zentrums für Infektiologie. Neben Forschenden des Zentrums sind Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus vier weiteren Fakultäten der Universität Heidelberg sowie des EMBL, des DKFZ und mehrerer Max-Planck-Institute beteiligt.

Ziel: Maßgeschneiderte Therapie bei Herzerkrankungen

Herzkrankheiten stellen weltweit die häufigste Todesursache dar – und die Anzahl der Betroffenen steigt weiter. Trotz bedeutender therapeutischer Fortschritte stoßen die medikamentösen Therapien der Herzschwäche infolge verschiedener Ursachen von Herzerkrankungen zunehmend an ihre Grenzen. „Um die Therapien bei Herzerkrankungen voranzubringen, benötigen wir dringend zielgerichtete und maßgeschneiderte Behandlungsansätze, welche die Entstehung der Erkrankung unterbinden", sagt Prof. Dr. Johannes Backs. „Jüngste Fortschritte bei Krankheitsmodellen und sogenannten Multi-OMICs-Techniken – die gemeinsame Analyse von beispielsweise Veränderungen am Erbgut, der Proteinausstattung und der Stoffwechselaktivität im Herzgewebe – vermitteln uns Einblicke in die komplexen Ursachen von Herzerkrankungen als Zusammenspiel von genetischen Variationen, Umwelteinflüssen und Lebensstil. In unserem neuen SFB werden wir Daten aus experimentellen Modellsystemen und Patientendaten unter anderem mit mathematischen Methoden verknüpfen, um die durch verschiedene Ursachen aktivierten molekularen Schaltkreise zu entschlüsseln. Damit legen wir einen Grundstein für maßgeschneiderte Therapieansätze und Vorsorgestrategien."

Viren- und Parasiteninfektionen verstehen und kontrollieren

Wie verbreiten sich Viren und Parasiten im menschlichen Körper? Wie gelingt es dem Körper, diese Krankheitserreger abzuwehren? Der SFB 1129 untersucht die vielfältigen Wechselwirkungen zwischen Erreger und Wirt, die zur Vermehrung und Ausbreitung oder aber zur Bekämpfung einer Infektion führen. Der integrative Ansatz beinhaltet die Zusammenführung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern verschiedener Disziplinen wie z.B. Infektionsbiologie, Biophysik, Nanotechnologie und chemischer Biologie, die insbesondere im Zentrum für Integrative Infektionsforschung (CIID) auf dem Heidelberger Campus zusammenarbeiten. "Wir untersuchen die Infektion zum einen an Geweben, um möglichst nah an der Situation im lebenden Organismus zu sein und die Auswirkungen auf den gesamten Organismus zu verstehen, zum anderen aber auch auf Zell- und Molekülebene, um jede einzelne Interaktion möglichst genau zu charakterisieren", so Professor Kräusslich. Auf Basis dieser Beobachtungen sollen langfristig neue Therapieansätze entwickelt werden. Die Forschenden konzentrieren sich besonders auf verbreitete Krankheitserreger des Menschen, wie die von AIDS, Malaria, Hepatitis und Influenza. Die untersuchten Mechanismen und Prinzipien lassen sich jedoch auch auf andere Infektionskrankheiten übertragen, wie in der laufenden Förderperiode für SARS-CoV-2 gezeigt.


Heidelberger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch an SFBs anderer Hochschulen beteiligt

In der diesjährigen Förderperiode werden auch folgende Sonderforschungsbereiche unter Beteiligung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Medizinischen Fakultät Heidelberg (MFHD) gefördert:

Der SFB 1328 „Adenine Nucleotides in Immunity and Inflammation" (angesiedelt an der Universität Hamburg, Beteiligung Prof. Freichel, Pharmakologisches Institut der MFHD) geht in die zweite Förderperiode und untersucht die Rolle von bestimmten Bausteinen der DNA und RNA, sogenannten Adenin-Nukleotiden, als Signalmoleküle bei Entzündungsreaktionen und Immunantworten. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie Kalziumkanäle in der Zellhülle und in sauren Zellkompartimenten von bestimmten Immunzellen Entzündungsreaktionen des Immunsystems auslösen und steuern.

Bereits in die dritte Förderperiode geht der SFB/Transregio 152 „Steuerung der Körperhomöostase durch TRP-Kanal-Module" (angesiedelt an der Ludwig-Maximilians-Universität München, Beteiligung Prof. Freichel und Prof. Siemens, beide Pharmakologisches Institut der MFHD). Hier werden molekulare Mechanismen zur Entstehung von lebensbedrohlichen Herzrhythmusstörungen und Thrombosen untersucht, wie der menschliche Körper überlebenswichtige Parameter wie die Körpertemperatur reguliert sowie welche Funktion dabei die sogenannten TRP-Ionenkanäle haben.

Erstmalig gefördert wird der SFB 1531 „Schadenskontrolle durch das Stroma-vaskuläre Kompartiment" (angesiedelt an der Goethe Universität Frankfurt am Main, Beteiligung Prof. Leuschner, Heisenberg-Professor für Immunkardiologie, MFHD). Der neu eingerichtete Sonderforschungsbereich untersucht die Unterschiede und Gemeinsamkeiten von Heilungsvorgängen nach Organschädigungen durch Mangel-Durchblutung beispielsweise bei Herzinfarkten und Schlaganfällen.

Sonderforschungsbereiche der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Ziel von Sonderforschungsbereichen ist es, innovative, aufwendige und langfristig konzipierte Forschungsvorhaben über die Grenzen von Fachdisziplinen und Institutionen hinaus zu fördern. Neben wissenschaftlichen Aspekten tragen auch Nachwuchsförderung und die Gleichstellung von Forscherinnen und Forschern zum erfolgreichen Abschneiden im anspruchsvollen Auswahlverfahren der DFG bei.