„Wer sich im Alter ausreichend bewegt, steigert seine Lebensqualität enorm“

Philipp Rothe - Die 92-jährige Ruth Zschau (sitzend) beim Fitness-Test mit Studentin Konstanze Mazur, Dr. Christoph Rott vom Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg und Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner (v.l.n.r.).Stadt Heidelberg bei Bewegungsförderung für ältere Menschen bundesweit beispielgebend

Bewegungstreffs, Outdoor-Gerätesport, Laufparcours: Die Stadt Heidelberg hat in den vergangenen Jahren eine Vielzahl niedrigschwelliger Angebote geschaffen, die ältere Menschen motivieren sollen, möglichst lange mobil zu bleiben. Ende April wurde sie dafür beim Wettbewerb „Gesund älter werden in der Kommune“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung mit einem dritten Preis ausgezeichnet. „Wer sich im Alter bewegt, steigert seine Lebensqualität enorm. Das wollen wir als Stadt so gut wie möglich mit aktivierenden Angeboten unterstützen. Denn jeder kann damit Alternsrisiken wie Pflegebedürftigkeit, Demenz und chronischen Krankheiten vorbeugen“, sagte Oberbürgermeister Dr. Eckart Würzner am 9. Mai 2016 bei einem Pressegespräch im Seniorenzentrum Weststadt. Die enge Zusammenarbeit mit den Wissenschaftlern der Universität Heidelberg habe der Stadt dabei wertvolle Impulse gegeben.

In Heidelberg leben derzeit rund 23.700 Menschen über 65 Jahre. Die Stadt selbst investiert neben all ihren Netzwerkpartnern jährlich etwa 10.000 Euro in Bewegungsangebote für Senioren. Weil in Heidelberg viele Partner an einem Strang ziehen, sind die Voraussetzungen für eine erfolgreiche aktivierende Seniorenarbeit gut: Im „Netzwerk mehr Bewegung lebenslang“ haben sich Akteure aus dem öffentlichen, gemeinnützigen und wissenschaftlichen Bereich zusammengefunden. Das Ziel: gemeinsam günstige Rahmenbedingungen für Angebote schaffen, die auch für weniger sportaffine Senioren attraktiv sind. Das Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg, der Sportkreis Heidelberg und viele weitere Akteure sind konstante Partner der Stadt in der Seniorenarbeit. So sind beispielsweise in allen Stadtteilen sogenannte Bewegungsparcours entstanden, rund drei Kilometer lange Rundwege, die zu regemäßigem Gehen in der Gruppe einladen. In der Schwanenteichanlage wurde der Geräteparcours „Sport im Park“ installiert, eine Outdoor-Fitnessfläche mit Geräten und Boule-Fläche. Bei den kostenlosen Bewegungstreffs in den Stadtteilen treffen sich Interessierte wöchentlich zu einem von ehrenamtlichen Trainern angeleiteten Fitnesstraining auf öffentlichen Plätzen.

Gefragt ist nicht sportliche Höchstleistung, sondern Bewegung im Alltag

„Bei allen Angeboten geht es nicht um sportliche Höchstleitung, sondern darum, Bewegungsmodule selbstverständlich in den Alltag einzubauen“, erklärt Angelika Haas-Scheuermann, Leiterin des Amtes für Soziales und Senioren der Stadt Heidelberg. Was Heidelberg hier besonders auszeichnet, sind niedrigschwellige Angebote im öffentlichen Raum. „Nicht jeder will im Alter Sport treiben, aber die meisten wollen sich bewegen. Am liebsten draußen“, bestätigt auch Dr. Christoph Rott, Gerontologe an der Universität Heidelberg. Er lobt den Heidelberger Mix aus traditionellen Sportangeboten in Vereinen und leichter zugänglichen Angeboten, die noch spezifischer auf die Älteren abgestimmt sind.

Neu: Das Senioren-Aktiv-Programm

Jüngstes Kind der Heidelberger Netzwerk-Projekte rund um das Thema Bewegung ist seit 2015 das „Senioren-Aktiv-Programm“. Es wurde aufbauend auf einem wissenschaftlich geprüften Alltags-Fitness-Test vom Institut für Gerontologie der Universität Heidelberg entwickelt. In Kooperation mit dem Sportkreis Heidelberg hat das Institut in den zurückliegenden zwölf Monaten in allen elf Heidelberger Seniorenzentren das Programm durchgeführt. Es setzt sich aus drei Elementen zusammen: einem informierenden und motivierenden Fachvortrag, individuellen Tests zur Überprüfung des alltagsrelevanten körperlichen Funktionsniveaus und individuellen Beratungsgesprächen zur Erstellung eines persönlichen Bewegungsplans. Dabei wird speziell auf die Bewegungsangebote in unmittelbarer Nähe Bezug genommen.

Dass das Angebot Früchte trägt, beweist Ruth Zschau. Die Heidelberger Seniorin hat am Senioren-Aktiv-Programm teilgenommen. Seither macht die 92-Jährige mit Begeisterung Fitnesstraining. „Das Training tut mir gut. Ich hoffe, dass es mir hilft, so lange wie möglich selbstständig zu leben“, sagt Zschau.

Wissenschaftlich erwiesen: Bewegung senkt Krankheitsrisiken im Alter

Den Nachweis, dass Bewegung im Alter Krankheitsrisiken erheblich senkt, haben die Gerontolgen der Universität Heidelberg in zahlreichen Studien gefunden. „Bewegung im Alter hat erstaunliche präventive und rehabilitative Wirkungen“, erklärt Dr. Christoph Rott. „Ein gesundes Altern ist aus meiner Sicht ohne Bewegung kaum möglich. Dies trifft nicht nur für körperliche Krankheiten zu. Es wird immer klarer, dass Bewegung auch die geistige Leistungsfähigkeit erhält. Aus diesem Grund haben wir vor zehn Jahren die Bewegungsparcours in den Stadtteilen auch unter dem Motto ‚Laufen gegen Alzheimer‘ eingerichtet.“

Rott weiß um die vielfältigen positiven Wirkungen von Bewegung für das Leben im Alter: „Körperlich Aktive bewerten ihre Gesundheit subjektiv besser, können größere Strecken zu Fuß zurücklegen, werden durch ihren Gesundheitsstatus weniger daran gehindert für sie wichtige Dinge zu tun, weisen einen geringeren Erkrankungsgrad auf und bewerten ihr Leben insgesamt deutlich positiver als Inaktive. Bewegung fördert somit auch Teilhabe.“

Hintergrund: Heidelberg ist eine der preisgekrönten Städte beim Bundeswettbewerb „Gesund älter werden in der Kommune – bewegt und mobil“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Gemeinsam mit Dresden landete Heidelberg in der Gruppe der kreisfreien Städte auf Platz drei hinter den großen Metropolen Köln und Stuttgart. Damit wurde die Kommune am 25. April 2016 in Berlin für ihre vorbildlichen Aktivitäten zur Bewegungs- und Mobilitätsförderung bei älteren Menschen ausgezeichnet. Am Wettbewerb hatten sich 94 Städte, Gemeinden und Landkreise aus dem gesamten Bundesgebiet beteiligt. Ziel des Wettbewerbs ist es, die Aktivitäten der Kommunen zur Bewegungs- und Mobilitätsförderung bei älteren Menschen bekannt zu machen und Städte, Gemeinden und Landkreise auszuzeichnen, die mit ihren Maßnahmen ein gutes Beispiel für andere Kommunen geben. Im Fokus stehen kommunale Strategien und Maßnahmen, die beispielsweise die Stärkung körperlicher Aktivität und Mobilität, die Schaffung eines bewegungsförderlichen Wohnumfeldes und wohnungsnahe Infrastrukturangebote befördern.

Infos zu Angeboten für Senioren: www.heidelberg.de/senioren