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Rechtsstreit „SV Waldhof/Jochen Kientz endet mit Vergleich

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(Foto: SpoWo) Jochen Kientz und sein Rechtsanwalt Christoph Schickhardt

Trotz Vergleich - Jochen Kientz darf sich als „Gewinner“ fühlen
(GM) „Ich hoffe, dass ich Sie in dieser Zusammensetzung nicht mehr hier sehe“, mit diesen Worten schloss Vorsitzende, Rolf Maier, Präsident des Arbeitsgerichts Mannheim, nach rund eineinhalb Stunden – abzüglich einer Unterbrechung – am Mittwochmittag, die zähe Verhandlung im Rechtsstreit zwischen der SV Waldhof Spielbetriebs GmbH und ihrem ehemaligen Sportlichen Leiter, Jochen Kientz. Ihm war vorgeworfen worden, einen positiven Corona-Fall, innerhalb des Drittligakaders, vertuscht zu haben, worauf zunächst eine Freistellung erfolgte und später auch die Kündigung. Diesen Vorwurf darf der SV Waldhof nicht mehr aufrechterhalten.

Nachdem auch ein Güterichterverfahren zwischen den beiden Parteien keine Einigung gebracht hatte, war am Mittwoch ein zweiter Verhandlungstermin anberaumt worden. Trotz der klar erkennbaren verhärteten Fronten riet Rolf Maier beiden Parteien – eindringlich – doch noch zu einer Einigung zu kommen. „Insgesamt sind vom SV Waldhof drei fristlose Kündigungen ausgesprochen worden sowie eine ordentliche Kündigung. Wenn es heute zu keiner Einigung kommt, wird jede Kündigung einzeln verhandelt. Das dauert wahrscheinlich fünf Jahre. Die ersten beiden Verhandlungen werde ich wohl noch mitmachen, danach bin ich sicher in Pension. Finden Sie also eine vernünftige Lösung“, so der Vorsitzende, der sich zu Beginn der Verhandlung wunderte, dass der Geschäftsführer der SV Waldhof Spielbetriebs GmbH nicht anwesend war.

„Sie haben ihn nicht geladen“, war darauf die knappe Antwort von Ralph Lütkehaus, dem Anwalt der GmbH. „Das ist richtig“, bestätigte Rolf Maier, „aber bei so einer wichtigen Angelegenheit für den SV Waldhof hätte ich erwartet, dass wenigstens der Geschäftsführer da ist.“ Die Abwesenheit Markus Kompps könnte sich als „grandioser Fehler“ erweisen, so der Vorsitzende.

Christoph Schickardt, der Rechtsanwalt von Jochen Kientz, machte erneut deutlich, dass es seinem Mandanten nicht um finanzielle Entschädigungen geht, sondern einzig und allein um die „Wiederherstellung seines Rufes“. Und weiter: „Jochen Kientz ist maßgeblich am Erfolg des SV Waldhof der letzten Jahre beteiligt. Er hat sich – auch überregional - einen Namen gemacht. Daher muss, so will ich es einmal ausdrücken, seine Ehrenhaftigkeit wieder hergestellt werden.“ Zumal die Vorwürfe gegen Jochen Kientz ausgerechnet von Investor Bernd Beetz in einem Fernsehinterview öffentlich gemacht wurden.

Nach langen Diskussionen – und einer halbstündigen Unterbrechung der Verhandlung, weil Waldhof-Anwalt Lütkehaus mit seiner Mandantin (Spielbetriebs GmbH) erst Rücksprache halten musste – einigten sich die Parteien schließlich auf folgende Beschlüsse:
Rücknahme der drei fristlosen Kündigungen gegen eine ordentliche Kündigung zum 15. August 2022. Da es nicht möglich sein wird, bis zum Beginn der neuen Saison, 1. Juli, einen neuen Arbeitsplatz zu finden, so die Argumentation Christoph Schickardts, sondern frühestens zu Beginn der Rückrunde, sollen – als Abfindung – bis zum 15. August noch eineinhalb weitere Bruttogehälter bezahlt werden. Der Zahlung der Bezüge, gemäß Arbeitsvertrag, bis zum 30. Juni 2022, stimmte Lütkehaus zu. Den Zahlungen über den 30. Juni hinaus „nur widerruflich“, da er dies noch mit seiner Mandantschaft abstimmen müsse.

Der Widerruf muss spätestens am 11. Mai 2022 vorliegen; falls davon Gebrauch gemacht wird, ist der geschlossene Vergleich unwirksam, dann findet der Rechtsstreit seine Fortsetzung.

Darüber hinaus erklärt der SV Waldhof schriftlich, dass die Vorwürfe gegen Jochen Kientz, bezüglich der Vertuschung des positiven Corona-Testergebnisses, nicht aufrechterhalten werden. In einem bereits zuvor verfassten Schriftstück bedankt sich der SV Waldhof für „die wertvolle Arbeit“ seines ehemaligen Sportlichen Leiters und erklärt, dass „keine Zerwürfnisse zur Freistellung“ geführt haben.
Sollte die SV Waldhof Spielbetriebs GmbH keinen Gebrauch vom Widerrufsrecht machen, wird der Vergleich wirksam und der Rechtsstreit ist damit beigelegt. Für diesen Fall verpflichten sich die beiden Parteien gegenseitig, öffentlich keine weiteren Erklärungen abzugeben und Stillschweigen zu wahren.

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(Foto: SpoWo) Christoph Schickardt während der Verhandlungsunterbrechung

„Ein Vergleich ist immer gut“, erklärte Ralph Lütkehaus im Interview nach der Verhandlung. „Damit können alle wieder nach vorne sehen. Das Ziel war, sich zu einigen, das hat man erreicht.“

„Gegen Jochen Kientz wurden schwere Vorwürfe erhoben. Das war für ihn eine wirklich schlimme Zeit“, weist Christoph Schickardt noch einmal auf die Gefühlslage seines Mandanten in den letzten Monaten hin. „Da braucht man die Unterstützung der Familie und von Freunden. Es ist wirklich ungerecht, was mit ihm geschehen ist. Natürlich weiß man nie, was in der öffentlichen Meinung hängenbleibt. Das kann man nicht beeinflussen. Uns war aber wichtig, dass der SV Waldhof die Vorwürfe nicht aufrechterhält. Und das ist uns gelungen.“

Er geht davon aus, dass kein Widerruf erfolgen wird: „Richter Rolf Maier ist ein Meister des Verhandelns. Er hat das sehr geschickt gesagt, dass es bei einer Nicht-Einigung jahrelang weitergehen würde und am Ende keiner glücklich mit dem Ergebnis sein wird.“

Der renommierte Sportrechtler und Jochen Kientz dürften mit dem erzielten Ergebnis zufrieden sein, die Reputation des Ex-Sportchefs ist – zumindest formell – wiederhergestellt. Dazu kommen Gehalts-Nachzahlungen, bis mindestens zum 30. Juni 2022, plus höchstwahrscheinlich weiterer eineinhalb Monatsgehälter. Wie eine juristische Niederlage fühlt sich das ganz sicher nicht an. Bei der SV Waldhof Spielbetriebs GmbH werden sich solche Gefühle kaum einstellen können.