Maruba 3SKRN 5DEMA

Die Sportwoche gratuliert Franz Beckenbauer, …

49763419 303 Copy

… der heute 75 Jahre alt ist.
(GM) Was könnte man über Franz Beckenbauer sagen oder schreiben, was noch nicht x-mal gesagt oder geschrieben wurde? Richtig: Nichts! Früh zu Ehren und Ruhm gekommen, lebte er ein öffentliches Leben – früher auf dem Fußballfeld, nach der Karriere auf vielen anderen Gebieten – woran die Nation interessiert teilnahm, ob Fußballfan oder nicht.

Einer wie ich – so hieß seine Autobiografie, die 1981 erschien. Einen wie ihn wird es ihm deutschem Fußball wohl nie mehr gegeben. Einen wie ihn, der so unnachahmlich den Ball behandeln konnte, so lässig und leicht, manchmal fast ins Arrogante hinübergleitend, so einen gibt es wohl nur einmal. Einer wie er wird wohl nur alle paar 100 Jahre geboren werden.

Franz Beckenbauer – der Name steht in Deutschland und in der Welt für Fußball schlechthin. Er war noch keine einundzwanzig Jahre alt, da nahm er – 1966 – an seiner ersten WM teil und wurde dort, nach beeindruckenden Auftritten, Vize-Weltmeister. Zwei weitere WM-Teilnahmen folgten und am Ende hielt er den WM-Pokal in den Händen – als Mannschaftskapitän.

csm ZDFzeit Mensch Beckenbauer P ZDF ap 76872 0 4 cb24714fed Copy
Der junge Franz Beckenbauer nach dem Finale der WM 1970, rechts Sepp Maier

Dass er die Kapitänsbinde zu diesem Zeitpunkt überhaupt trug, gehört zu den vielen Glücksfällen, die den „Kaiser“ zeitlebens begleiteten. Nachdem Uwe Seeler seine Karriere in der Nationalmannschaft beendet hatte und das Kapitänsamt vakant war, übernahm aufgrund des Alters und der Anzahl der Länderspiele Wolfgang Overath die Binde. Das war Tradition beim DFB. Vor der WM 1974 war der Kölner aber längere Zeit verletzt und musste, vor, während und zeitweise nach der EM 1972, Günter Netzer die Regie im deutschen Mittelfeld überlassen. Daher führte Beckenbauer in dieser Zeit das DFB-Team als Kapitän aufs Feld. Nach Overaths Rückkehr blieb Beckenbauer daher Mannschaftskapitän.

16 Jahre später wurde Franz Beckenbauer erneut Weltmeister, diesmal als Teamchef. Ein Kunststück das davor nur dem Brasilianer Mário Zagallo gelungen war. Überhaupt schien alles, was der, am 11. September 1945 in einfache Verhältnisse hineingeborene, Münchener anfasste, unweigerlich zum Erfolg zu führen. Er wurde mit dem FC Bayern je viermal Deutscher Meister und Deutscher Pokalsieger, er wurde Europameister der Pokalsieger (heutige Europa League) und dreimal Europapokalsieger der Landesmeister, heute Champions League und Weltpokalsieger. 1982, am Ende seiner Karriere wurde er sogar noch im Trikot des HSV Deutscher Meister und dazwischen dreimal US-amerikanischer Meister mit Cosmos New York. Zweimal übernahm er später übergangsweise beim FC Bayern das Traineramt und holte einmal die deutsche Meisterschaft und den UEFA-Pokal, der ihm als Spieler fehlte, da er immer im Pokal der Landesmeister gespielt hatte.

Mit der deutschen Nationalmannschaft wurde er als Spieler 1966 Vize-Weltmeister, 1970 WM-Dritter und 1974 Weltmeister, dazu 1972 Europameister und 1976 Vize-Europameister. Als DFB-Teamchef wurde er 1986 Vize-Weltmeister und 1990 Weltmeister.
Auch die Liste seiner persönlichen Auszeichnungen ist lang: Viermal Deutschlands Fußballer des Jahres, zweimal Europas Fußballer des Jahres, Deutschlands Fußballer des Jahrhunderts, sind nur die wichtigsten davon; sogar ARD-Torschütze des Monats war er zweimal. Noch mehrere Dutzend weiterer Auszeichnungen wurden ihm verliehen – sie alle zu nennen, würde jeden Rahmen sprengen. Es wurden Bücher über ihn geschrieben und Filme über ihn gedreht; Udo Jürgens setzte ihm mit dem Lied „Libero“ ein kleines musikalisches Denkmal. Ein dreidimensionales Denkmal wird ihm wohl irgendwann auch einmal der FC Bayern setzen.

Er, der 1966, als aufstrebender Fußballer, in einem seiner ersten größeren Fernseh-Interviews gesagt hatte, dass er „später (nach seiner aktiven Karriere) nichts mehr mit Fußball zu tun haben möchte“ und der sich auch nicht vorstellen konnte, einmal Trainer zu werden, steht heute wir kein anderer für den Fußball in Deutschland. Als Funktionär gelang es ihm sogar die WM 2006 nach Deutschland zu holen. Andy Roxburgh, der ehemalige schottische Nationaltrainer sagte einmal über ihn: „Er ist der einzige Mensch, der, wenn er aus dem Fenster springt, nach oben fliegen würde.“

Man möchte dem Schotten uneingeschränkt zustimmen, wären da nicht die Untersuchungen und Gerichtsverhandlungen, zu ungeklärten Zahlungen im Vorfeld der WM-Vergabe 2006 und Vorwürfe wegen empfangener Honorare für „eigentlich“ ehrenamtliche Tätigkeiten. Aber auch diese Attacken überstand Franz Beckenbauer einigermaßen unbeschadet, wenn auch ein etwas fader Beigeschmack noch eine Weile bleiben wird. Aber so souverän wie er früher am Ball agierte, so souverän ließ er die Vorwürfe an sich abprallen – zumindest nach außen.

Allerdings blieb auch der Kaiser nicht verschont von schweren Schicksalsschlägen. Der Tod seines Sohnes Stephan, der 2015 im Alter von 46 Jahren an einem Hirntumor starb, sowie eine schwere Herz-Operation ein Jahr danach, führten dazu, dass er sich lange aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte.

Noch immer ist Franz Beckenbauer Vorstand der von ihm 1982 gegründeten Franz-Beckenbauer-Stiftung, die Menschen mit Behinderung sowie unverschuldet in Not Geratene unterstützt. Zudem ist er seit 2013 einer der Botschafter von „Football for Friendship“, einem internationalen Kindersozialprojekt.

Wenn der Kaiser heute auf seine 75 Lebensjahre zurückblickt, wird er es sicher mit Zufriedenheit tun, mit einem Blick auf ein grandioses, fast übergroßes Lebenswerk. Gleichzeitig aber wird er es mit einem Augenzwinkern tun, ob seiner „kleinen Verfehlungen“. Einer wie er wird sich jedenfalls von seinem eigenen Weg und seiner positiven Lebenseinstellung nicht abbringen lassen. „So groß ist das Verbrechen auch nicht. Der liebe Gott freut sich über jedes Kind“, meinte er lakonisch, als er nach einem Seitensprung erfuhr, dass er zum vierten Mal Vater wird. Und beendete damit jede aufkommende Debatte.

Einer wie er ging trotzdem nie einem Problem aus dem Weg, er stellte sich immer jeder Herausforderung. Auf zu erwartende Probleme angesprochen, antwortete Franz Beckenbauer früher schon fast philosophisch: „Schau, mer mal.“ Und dieser Einstellung blieb er treu.
Wir wünschen Franz Beckenbauer zu seinem 75. Geburtstag das Allerbeste, natürlich vor allem Gesundheit, aber auch noch viele Jahre mit seiner jungen Familie. Hoffen wir auch, dass er dem Fußball noch lange erhalten bleibt, denn einer wie er hat immer noch viel zu geben. Und wenn es bisweilen auch nur ein trockener Spruch ist, wie; „In einem Jahr habe ich mal 15 Monate durchgespielt“, mit dem er auf die Verletzungsanfälligkeit bestimmter Fußball anspielte.

Aber ernsthaft befürchten muss man wohl nicht, dass sich einer wie er jemals ganz vom Fußball zurückziehen könnte. Wie gestand er vor einigen Jahren in einem Interview einmal? "Fußball sei eine Droge, hört man immer wieder. Ich sage: Fußball ist eine Passion, eine Leidenschaft. Ich bin nicht abhängig vom Fußball. Aber: Ich liebe den Fußball."
Also warten wir`s ab und: Schau mer mal.