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SV Waldhof trifft sich erneut mit einem Mitarbeiter vor dem Arbeitsgericht

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Ehemaliger Sponsoring-Mitarbeiter erhält rund 10.000 Euro Abfindung
(GM) Mehr als drei Jahre war Daniel Martin beim SV Waldhof für das Sponsoring zuständig. Er gewann namhafte Unternehmen als Sponsoren für den Drittligisten und betreute diese Sponsoren auch in den VIP-Räumen. Nachdem das Sponsoring im März an die Vermarktungsgesellschaft „all about sports“ vergeben wurde, bekam Daniel Martin eine „betriebsbedingte Kündigung zum 30. April. Dagegen reichte der Mitarbeiter eine Kündigungsschutzklage ein und am gestrigen Dienstag kam es – nachdem ein Gütetermin im Mai ergebnislos verlaufen war – zur Verhandlung vor dem Mannheimer Arbeitsgericht.

Das Ergebnis kurzgefasst: Die SV Waldhof Spielbetriebs GmbH muss Daniel Martin das noch ausstehende April-Gehalt in Höhe von 2.500 Euro zahlen und dazu eine Abfindung in Höhe von 8.500 Euro, weiterhin noch ausstehende Tankrechnungen von 161,34 Euro. Zudem noch eine Vergütung für nicht genommenen Urlaub. Weiterhin bekommt Daniel Martin ein „wohlwollendes und positives“ Zeugnis ausgestellt. Das Arbeitsverhältnis wird zum 30. September 2023 beendet; da Daniel Martin seit April bis voraussichtlich 30. September durchgehend krankgeschrieben ist, fällt für diese Zeit keine Gehaltszahlung mehr an.

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(Foto: SpoWo) Daniel Martin, rechts, mit Rechtsanwalt Dr. Jens Graf

Daniel Martin, der am Morgen vor dem Termin in der Dusche ausgerutscht war und sich über dem linken Auge und am Kinn Platzwunden zugezogen hatte, war mit seinem Anwalt, Dr. Jens Graf, erschienen, dagegen hatten die Vertreter der SV Waldhof Spielbetriebs GmbH, Geschäftsführer Markus Kompp und Rechtsanwalt Marc Fabian Schumacher, am Tag vor der Verhandlung beantragt, nicht persönlich zu erscheinen, sondern per Video zugeschaltet zu werden. Die Vorsitzende, Richterin Claudia Lohmann, hatte dem zugestimmt, aber nachdrücklich erklärt, dass dies eine absolute Ausnahme bleibt. „Kammertermine sollten live stattfinden.“

Die Kündigungsschutzklage beinhaltete neben der Zahlung des noch ausstehenden April-Gehaltes, die Fortführung des Arbeitsverhältnisses sowie die Ausstellung eines ordentlichen Zeugnisses.

Der SV Waldhof widersprach dieser Klage, da es durch die Zusammenarbeit mit der Vermarktungsgesellschaft die Aufgabe, die Daniel Martin bisher innehatte, beim SV Waldhof gar nicht mehr gibt. Allerdings hatte im Buwe-Blatt des 34. Spieltages, Ende April 2023, eine neue Mitarbeiterin ihren Aufgabenbereich beim SV Waldhof beschrieben, der, so Rechtsanwalt Dr. Jens Graf, „identisch ist, mit der Position, die Daniel Martin bekleidet hatte“.

Markus Kompp widersprach dieser Auslegung und verwies darauf, dass die Mitarbeiterin, eine Werkstudentin, diese Darstellung selbst verfasst habe und der Text nicht mehr kontrolliert wurde. SVW-Anwalt Fabian Schumacher fügte hinzu, dass Daniel Martin eine Schreib- und Leseschwäche hätte, zudem Probleme mit Computertätigkeiten, sodass er solch eine Position ohnehin gar nicht ausfüllen könne und da Daniel Martin eine entsprechende Schulung abgelehnt hätte, sei eine Kündigung sozial gerechtfertigt.

Die Wogen gingen plötzlich hoch und die Vorsitzende, Richterin Lohmann, musste sich resolut Gehör verschaffen, um den Parteien Einhalt zu gebieten. Sie drängte auf einen Kompromiss und plötzlich schien sich eine Wende anzubahnen, als Fabian Schumacher von der Möglichkeit sprach, Daniel Martin eine Tätigkeit als Verkäufer in der „Waldhof Welt“, dem Fanshop des SV Waldhof, anbieten zu können. „Natürlich mit einem deutlich niedrigeren Gehalt, keinen Provisionen, wie beim Sponsoring und auch keinem Geschäftswagen.“

Diese Möglichkeit zogen Martin und sein Rechtsbeistand auch in Betracht, als sich Markus Kompp direkt an Daniel Martin wandte und sein Bedauern darüber ausdrückte, sich überhaupt vor Gericht gegenüber zu stehen. „Lieber Daniel, wir hatten immer ein gutes Verhältnis. Es ist schade, dass wir uns jetzt vor Gericht treffen müssen.“

Dem widersprach nun Dr. Jens Graf vehement. „Also Herr Kompp, bevor mir jetzt die Tränen kommen, weil Sie und Herr Martin angeblich so ein gutes Verhältnis hatten, muss ich Ihnen sagen, dass Herr Martin das nicht immer so wahrgenommen hat. Das Verhältniss war nicht immer einwandfrei.“

Dr. Jens Graf war nun so richtig in Fahrt und musste sich erkennbar beherrschen, sich nicht noch drastischer auszudrücken. Das führte zu einer erneuten Wende, denn jetzt machte Markus Kompp klar: „Daniel, wenn das, was dein Anwalt gerade vermittelt, auch dein Eindruck ist, macht eine weitere Zusammenarbeit keinen Sinn mehr.“

Dr. Jens Graf, warf in diesem Augenblick den Paragrafen 9 des Kündigungsschutzgesetzes in den Raum, der besagt:
Eine sozial nicht gerechtfertigte oder aus sonstigen Gründen unwirksame Kündigung führt zum Fortbestand des Arbeitsverhältnisses mit folgenden Konsequenzen für die Arbeitsvertragsparteien: Der Arbeitgeber hat den Arbeitnehmer weiter zu beschäftigen und bei Annahmeverzug rückständigen Lohn nachzubezahlen.
Und er fügte hinzu: „Es wäre ja nicht der erste Prozess, den Sie verlieren, Herr Kompp.“

Jetzt war in der Verhandlung tatsächlich „Feuer drin“, wie Richterin Lohmann es ausdrückte und sie hatte ihre liebe Mühe die beiden Parteien wieder einigermaßen zu beruhigen. „Schluss jetzt!“ Mit diesen Worten unterbrach sie den Disput der beiden Parteien entschieden. „Unter diesen Umständen halte ich es für sinnvoll“, so die Vorsitzende schließlich und wandte sich an die Waldhof-Vertreter, “wenn Sie über eine Abfindung nachdenken. Die sollte allerdings über der Faustregel liegen, da ja das Arbeitsverhältnis zwischen Ihnen und Herrn Martin immerhin über drei Jahre gedauert hat. Falls Sie zu keiner Einigung kommen, muss eben die Kammer entscheiden.“

Nachdem somit klar war, dass die 2.500 Euro, die die SV Waldhof GmbH zunächst geboten hatte, nicht ausreichen würde, forderte Fabian Schumacher die Gegenseite auf, einen Vorschlag zu machen. „10.000 Euro“, war die knappe Antwort von Dr. Jens Graf.
Nach kurzem Zögern kommt der Gegenvorschlag: „7.000 Euro.“

Richterin Lohmann, ergreift das Wort. „Da bietet sich ja geradezu an, sich in der Mitte zu treffen. Sagen wir 8.500 Euro Abfindung, plus 2.500 Euro noch nicht gezahltes Aprilgehalt, plus die verauslagten Kosten für Sprit. Das Arbeitsverhältnis wird zum 30. September 2023 beendet. Zudem muss Herr Martin ein wohlwollendes, positives Zeugnis erhalten. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben.“

Eine kurze Diskussion kam dann noch einmal auf, als Dr. Jens Graf auf den noch nicht genommenen Urlaub hinwies, der ja auch vergütet werden muss. Markus Kompp und Fabian Schumacher, der zunächst die Arbeitsunfähigkeit Daniel Martins „direkt nachdem er die Kündigung erhalten hat“, als unglaubwürdig empfand, stimmten zu, dass 14 Tage Urlaub noch vergütet würden.
Mit diesem „Vergleich“ waren beide Parteien schließlich einverstanden.

„Ich wäre gerne beim SV Waldhof geblieben,“ erklärte Daniel Martin nach der Verhandlung. „Aber ich bin zufrieden. Mit diesem Urteil kann ich leben.“
Ganz sicher besser als die SV Waldhof Spielbetriebs GmbH, die sich nun zum wiederholten Male mit einem ehemaligen Mitarbeiter vor Gericht traf – und danach fast immer tief in die Tasche greifen musste.