Offener Brief an den Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz

Mannheim News

Oktober 2015

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

Aus Sorge um das Wohl der Menschen, die in unmittelbarer Nachbarschaft zum Käfertaler Wald wohnen und aufgrund von Befürchtungen, dass dieses beliebte und stark frequentierte Naherholungsgebiet durch die Errichtung von Windrädern zerstört werden könnte, haben sich Siedlergemeinschaften und andere gemeinnützig Engagierte in einer "Schutzgemeinschaft Käfertaler Wald" zusammengefunden.

Viele Menschen in den Stadtteilen Blumenau und Schönau, Gartenstadt und Käfertal haben Angst vor gesundheitlichen Beeinträchtigungen oder gar Gefährdungen, die von Windrädern ausgehen könnten, und vor einer Schmälerung ihrer Wohn- und Lebensqualität.

Die Schutzgemeinschaft Käfertaler Wald möchte diesen Mitbürgerinnen und Mitbürgern eine Stimme verleihen und ihre Sorgen und Ängste öffentlich artikulieren. Nicht zuletzt möchte sie die politischen Entscheidungsträger dazu bewegen, die objektiven Gegebenheiten, wie sie sich rund um Windräder im Käfertaler Wald darstellen, anzuerkennen und auf eine Ausweisung von Konzentrationszonen für Windenergieanlagen zu verzichten.

Die Fakten und Argumente, die gegen den Bau von Windrädern im Käfertaler Wald sprechen, sind in der Anlage zu unserem Schreiben beigefügt.

Die Schutzgemeinschaft Käfertaler Wald appelliert an Sie, Schaden von den Bürgerinnen und Bürgern fernzuhalten und schon bei der Erstellung eines "Teilflächennutzungsplans Windenergie" mit der vollen Autorität Ihres Amtes auf einen Verzicht auf die Flächen im Käfertaler Wald (KZW 1 und KZW 2) hinzuwirken.

Mit freundlichen Grüßen

Hans-Peter Wozny

Gemeinschaftsleiter

SGM Mannheim Neueichwald I e.V.

Harald Klatschinsky

Vorsitzender

Verband Wohneigentum Mannheim Neueichwald

 

Norbert Wenzel

Gemeinschaftsleiter

SGM Mannheim Gartenstadt

 

Karin Pacel

Vorsitzende

SGM Speckweg e.V.

 

Axel Roth

Vorsitzender

Verband Wohneigentum Mannheim Neues Leben

 

Roland Weiß

Vorsitzender

Siedler- und Eigenheimergemeinschaft

Einigkeit Mannheim Gartenstadt e.V.

 

Klaus Burchard

Ansprechpartner für die

Siedler- und Eigenheimergemeinschaft

Mannheim-Blumenau e.V.

 

Rolf Dieter

Vorsitzender

Schutzgemeinschaft Deutscher Wald

Kreisverband Mannheim e.V.

 

Heidemarie Ehrhardt

Vorsitzende

Kleingärtner-Verein-Kirchwald e.V. 1969

 

Tobias Schüpferling

Vorsitzender

Kleintierzucht- und Vogelschutzverein

Ma-Gartenstadt 1948 e.V.

 

 

Fakten und Argumente,

die gegen den Bau von Windrädern im Käfertaler Wald sprechen.

Der interessierte Bürger möge sie prüfen und gewichten.

Der politische Entscheidungsträger muss sie prüfen und gewichten und sich, seiner Verantwortung gerecht werdend, seine eigene Meinung bilden.

Ökologische Schäden

  • Die Konzentrationszonen KZW1 und KZW2 umfassen 50 ha + 111 ha = 161 ha.
  • Diese Fläche entspricht ca. 240 Fußballfeldern.
  • Auf einer Fläche sollen mindestens 3 Windräder im Abstand von 600 – 700 m errichtet werden.
  • Die Konzentrationszonen KZW1 und KZW2 bieten somit Raum für 3 + 4 = 7 Windräder.
  • Für die Errichtung eines Windrads muss ca. 1 ha Wald abgeholzt werden.

Auf einem Hektar Wald stehen etwa 400 Bäume.

Für 7 Windräder müssten demnach etwa 2.800 Bäume gefällt werden.

  • Ein 1 ha Wald bindet ca. 2.500 t CO2.
  • Es müssen autobahnbreite Zufahrten geschaffen werden.
  • Selbst wenn ein Teil der gerodeten Waldflächen (1 ha pro Windrad) wieder aufgeforstet werden sollten: Junge Bäume sind kein vollwertiger Ersatz für große, alte Bäume.
  • Für den Bau eines Windrads werden Stahlbetonfundamente gelegt, etwa vergleichbar mit der Größe eines fünfstöckigen Gebäudes, die vermutlich nie mehr aus der Erde geholt werden.
  • Windräder töten Vögel. Ein Windrad mit einem Rotordurchmesser von 120 m bestreicht eine Fläche von rund 11.300 m². Diese Fläche entspricht der von etwa 2 Fußballfeldern.
  • Die Luftströmung nach den Windparks wird erheblich reduziert.
  • Kaltluftschneisen werden zerstört.
  • Es ist erklärtes Ziel der Stadtoberen, Voraussetzungen für eine bessere Belüftung der Stadt zu schaffen!

Landschaftsschutzgebiet und Naherholungsgebiet

  • Die in Mannheim in Frage kommenden Flächen liegen durchweg innerhalb eines ausgewiesenen Landschaftsschutzgebietes.
  • Mehr als die Hälfte des KZW2 gehört zu einem FFH-Gebiet.
  • Das KZW1 liegt in unmittelbarer Nähe zu einem FFH-Gebiet.
  • Im Einheitlichen Regionalplan Rhein-Neckar wird ausgewiesen:
  • KZW1 und KZW2 liegen in einem Regionalen Grünzug.
  • Sie überlagern teilweise ein Vorranggebiet für Naturschutz und Landschaftspflege.
  • KZW1 und KZW2 liegen in einem Bereich mit besonderer Bedeutung für Naherholung.
  • Sie liegen teilweise in einem bedeutenden Raum für den regionalen Biotopverbund.
  • Die Zerstörung von Teilen eines bereits bestehenden Grünzugs steht im Widerspruch zur Planungsabsicht der Stadtoberen, einen durchgehenden Grünzug zu schaffen.
  • Nördlich der Autobahn liegt ein Vorbehaltsgebiet für den Grundwasserschutz.
  • In 2007 wurde der komplette Käfertaler Wald als Erholungswald ausgewiesen.
  • Aufgrund der Landschaftsschutzgebietsverordnung ist der Bau von Windrädern im LSG nicht erlaubt. Das Gebiet muss also "zoniert" werden; d.h. den beiden Konzentrationszonen wird der Status LSG einfach entzogen.
  • Der Verband Region Rhein-Neckar stellt fest:
  • Einen wichtigen Ausgleich zu der Enge in den dicht besiedelten Städten stellen insbesondere siedlungsnahe Waldgebiete dar, die als Freizeit- und Erholungsräume zunehmend an Bedeutung gewinnen.
  • Vor allem die stadtnahen Waldteile um die Oberzentren Mannheim (Käfertaler Wald, Rheinauer Wald, Reißinsel) … dienen der intensiven Naherholung.
  • Die Menschen werden im Winter im Umkreis bis zu 600 m ein Windrad meiden, weil mit Eiswurf gerechnet werden muss (siehe Warnhinweise beim Fernmeldeturm am Luisenpark).
  • Nach dem möglichen Bau von Windkraftanlagen ist der Käfertaler Wald als Ganzes funktional entwertet und grob fahrlässig belastet. Dies gilt besonders, da es momentan keine Vorbelastung dieser Art gibt.
  • Lärmbelastung
  • Windräder erzeugen hörbaren Schall, der vorwiegend als Lärmbelästigung empfunden wird.Ein Windrad in der geplanten Größenordnung erzeugt bei durchschnittlicher Leistung einen Lärmpegel von etwa 70 dB. Dieser Lärmpegel entspricht dem einer stark frequentierten Straße.
  • In einer Entfernung von 1.000 m hat der Lärm noch nicht die 40 dB–Schwelle erreicht, die in der Nachtzeit für "Gebiete mit vorwiegend Wohnungen" gesetzlich vorgeschrieben ist, - schon gar nicht die 35 dB–Schwelle, die für "reine Wohngebiete" gilt.
  • In einer Entfernung von 350 m (halber Abstand zwischen den Windrädern) liegt der Lärmpegel bei etwa 50 dB. Dieser Lärmpegel entspricht etwa dem einer lebhaften Gesprächsrunde.Der Erholungsuchende bewegt sich demgemäß unter einem Lärmteppich von 50 dB – 70 dB. 
  • Unbenannt
  • Nimmt man für ein Windrad einen akustischen Wirkungskreis von ca. 38 ha an, so ergibt sich bei 7 Windrädern eine Fläche von ca. 270 ha, auf der ein Erholungsuchender keine Ruhe finden kann. Diese Fläche entspricht ca. 405 Fußballfeldern.
  • Es wird kein Vogelgezwitscher mehr hörbar sein, weil das Windrad lauter ist bzw., weil die Vögel innerhalb eines Kreises mit 120 m Durchmesser (ca. Fläche zweier Fußballfelder) in Lebensgefahr schweben und erfahrungsgemäß häufig den Kürzeren ziehen werden
  • Schattenwurf, Schlagschatten und Discoeffekt
  • Abhängig von Wetterbedingungen, Windrichtung und Sonnenstand können Windräder Schatten werfen, bei rotierenden Flügeln einen bewegten Schlagschatten.
  • Aufgrund der vorherrschenden Windverhältnisse muss in den genannten Gebieten realistischerweise von Anlagen mit einer Höhe von etwa insgesamt 200 m bei einem Rotordurchmesser von 120 m ausgegangen werden. (Dies entspricht etwa der Höhe des Fernmeldeturms am Luisenpark.)
  • Bei einem Windrad dieser Größe muss der Schattenwurf noch in mehr als 1.000 m berücksichtigt werden.
  • Das erste Windrad könnte nach den Planvorstellungen des Nachbarschaftsverbandes Heidelberg-Mannheim 1.000 m von der Wohnbebauung der nördlichen Stadtteile stehen.
  • Europaweit geht man von einer Mindestentfernung von 2.000 m und mehr aus.
  • In den meisten deutschen Bundesländern gilt inzwischen die Formel: Mindestabstand = 10 x h
  • Von naturwissenschaftlicher Seite wird ein Mindestabstand von etwa 2,5 km empfohlen.
  • Ein sich bewegender Schlagschatten kann bei den Betroffenen zu erheblichen Belästigungen im Sinne des Bundes-Immissionsschutzgesetzes führen.
  • Betroffene berichten von Konzentrationsstörungen, Nervosität, Kopfschmerzen, Schlafstörungen u.a.
  • Der Discoeffekt tritt unabhängig vom Schattenwurf einer Anlage auf.
  • Er wird als kurzer Lichtblitz wahrgenommen, der in periodischen Abständen auftritt.
  • Der Discoeffekt wird von Anwohnern z.T. als sehr störend empfunden.
  • Infraschall
  • Windräder generieren extrem tiefe Töne im Bereich von 20 Hertz und tiefer, die für das menschliche Ohr nicht hörbar sind, aber für den Körper wahrnehmbar.
  • Der unhörbare Infraschall erzeugt über große Entfernungen Resonanzen im menschlichen Körper und in Gebäuden.
  • Bei Infraschallmessungen, veranlasst durch die Bundesanstalt für Geowissenschaften, wurde bei einem 135m-hohen Windrad in einer Entfernung von 12 km noch Infraschall nachgewiesen.
  • Es können sehr hohe Schalldruckpegel bis zu 130 dB erreicht werden.
  • Es gibt keine geeigneten Maßnahmen, sich gegen diese niederen Frequenzen mit großer Wellenlänge zu schützen – auch nicht in geschlossenen Gebäuden.
  • Nach Aussagen aus der Fraunhofergesellschaft …
  • …wird die Erforschung der Wirkungen bisher verdrängt, vernachlässigt und unterbewertet.
  • …ist von einer gegenwärtig unzureichenden Gefahrenanalyse auszugehen.
  • …ist nach neueren Erkenntnissen die Einschätzung nicht vertretbar, dass ein von tieffrequentem Schall ausgehender Schaden unwahrscheinlich sei.
  • Das Umweltbundesamt sieht Handlungsbedarf:
  • Es stellt in einer Studie fest, dass die Indizien für gesundheitliche Gefahren von Infraschall-Emissionen ernst zu nehmen seien und dringend besser erforscht werden müssten.
  • Infraschall steht in dem Verdacht, schwere gesundheitliche Schäden wie Schlafstörungen, Bluthochdruck, Herzrhythmusstörungen, Tinnitus oder Depressionen und Veränderungen von Gehirnströmen auszulösen.
  • In belasteten Gebieten wird auch eine deutlich erhöhte Zahl von Miss- und Fehlgeburten bei Tieren registriert, sowie Verhaltensauffälligkeiten.
  • Aus medizinischer Sicht zählen Säuglinge, Kinder und Jugendliche als Risikogruppe.
  • Für schwangere Frauen gilt Infraschall als gefährlich.
  • Auf europäischer Ebene wird für schwangere Arbeitnehmerinnen in der Rahmenrichtlinie 89/391/EWG festgelegt, dass sie keine Tätigkeiten verrichten sollten, die zu starker niederfrequenten Vibration führen können, da sich hierdurch das Risiko einer Fehl- oder Frühgeburt erhöhen kann.
  • Am Waldrand, keine 1.000 m vom KZW1 entfernt, befindet sich die Eugen-Neter-Schule; eine Ganztagessonderschule für Kinder mit erheblichen Entwicklungsbeeinträchtigungen oder Behinderungen.
  • Es wird von Auffälligkeiten im Verhalten von Tieren berichtet.
  • In Dänemark gibt es ein Moratorium für den weiteren Bau von Windrädern.
  • Es wird von einer Nerzzucht berichtet, in der die Tiere zu schreien begannen, in ihren Käfigen tobten und sich gegenseitig zu beißen begannen.
  • Im Schwarzwald berichtet ein Pferdehalter von vermehrten Fehl- und Missgeburten.
  • Im Käfertaler Wald haben wir Wildgehege und Vogelvolieren, in denen die Tiere nicht vor Infraschall fliehen können.
  • Am Waldrand, keine 1.000 m vom KZW1 entfernt, befinden sich Aussiedlerhöfe mit Tierhaltung, darunter ein Pensionsbetrieb für Pferde. 
  • Ökonomische Schäden
  • Makler berichten von Wertminderungen bei Immobilien in deren Nähe Windräder errichtet worden sind.
  • Für ältere Hausbesitzer könnte die Altersvorsorge ins Wanken geraten.
  • In Dänemark ist eine Ausgleichszahlung für Geschädigte gesetzlich geregelt.
  • Sonstige Risiken
  • Bei einem Generatorenbrand (z.B. bei Blitzschlag) kann Waldbrandgefahr nicht ausgeschlossen werden, da die Feuerwehr Schwierigkeiten haben dürfte in 140 m Höhe effektiv zu agieren.
  • Windhöffigkeit
  • Im "Potenzialatlas Erneuerbare Energien Baden-Württemberg 2011" wird keiner der beiden Konzentrationszonen eine Flächeneignung oder Windhöffigkeit zugesprochen; sie gelten nicht als Potenzialflächen.
  • Der Referenzertrag liegt unter 60%. Dort errichtete Windräder würden nicht die Voraussetzungen für eine Stromvergütung nach dem EEG erfüllen, die bei 5,3 m/s – 5,5 m/s in einer Höhe von 100 m über Grund liegen.
  • Als windhöffig werden Standorte betrachtet, an denen eine Windgeschwindigkeit von mindestens 6,00 m/s in einer Höhe von 140 Metern über dem Grund vorherrscht.
  • In den KZW1 u. 2 liegen die durchschnittlichen Jahreswindgeschwindigkeiten in einer Höhe von 100 m bei 4,75 m/s – 5,25 m/s, und in einer Höhe von 140 Metern über Grund (Nabenhöhe) zwischen 5,0 m/s und 5,5 m/s.
  • Für Investoren liegt die Ertragsschwelle bei 80 % des Referenzertrags;
    dies entspricht 5,8 m/s – 6,0 m/s in einer Höhe von100 m über Grund.
  • Nirgendwo im Mannheimer Norden werden durchschnittliche Jahresgeschwindigkeiten über 5,75 m/s erreicht.
  • Die Werte im Windatlas B-W sind ausschließlich errechnet und damit erfahrungsgemäß bzw. mit großer Wahrscheinlichkeit auch noch zu hoch. (Was in Hüttenfeld und Birkenau zutrifft – dort hat der TÜV gerechnet – dürfte beim LUBW nicht anders sein!?)
  • Energiewirtschaftliche Fragwürdigkeiten
  • Da Strom nicht in großem Stil gespeichert werden kann und daher die konventionellen Kraftwerke zur Sicherung der Grundlast weiter am Netz bleiben müssen, werden die überschüssigen Stromspitzen ins Ausland verkauft, verschenkt oder gar mit einer Dreingabe abgegeben.
  • Eingespartes CO2 wird durch Zertifikate an andere Länder verkauft, die dann umso mehr CO2 produzieren dürfen.
  • On-shore-WKAs brachten 2014 ganze 16,6% der Installierten Leistung; in B-W waren es unter 12%. An insgesamt 182 Tagen lag die erbrachte Leistung bei 6,9%.