Charta zum Schutz der Seen veröffentlicht


Mikroplastik vermeiden und seinen Eintrag in den Bodensee reduzieren: Zwei Umweltschutzorganisationen fordern Kommunen auf, eine Selbstverpflichtung zu unterzeichnen. Das Papier
hat Signalwirkung für Seenregionen in ganz Deutschland und darüber hinaus.

LarsNissen
Foto: © Lars Nissen / Pixabay.
Radolfzell, 18.02.2022: Gemeinden und Städte am Bodensee engagieren sich in vielerlei Hinsicht, um
den See sauber zu halten. Davon lebt und profitiert die Region als Trinkwasserspeicher, Freizeitort und
Touristenmagnet. Der Bodensee ist aber auch Lebensraum für zahlreiche Tiere und Pflanzen und muss
möglichst effizient geschützt werden. Verschmutzungen, die die Wasserqualität oder die biologische
Vielfalt gefährden, gilt es unbedingt zu verhindern. Dabei geht eine erst seit Kurzem nachgewiesene
Bedrohung von Mikroplastik aus. Zwar ist die Situation am Bodensee aktuell noch nicht
besorgniserregend, aber Wachsamkeit und Vorsorge sind sinnvoll, damit sie sich nicht verschlechtert.
Im Rahmen des von der EU geförderten Projekts LIFE Blue Lakes hat der Global Nature Fund (GNF)
gemeinsam mit der Bodensee-Stiftung, beide mit Sitz in Radolfzell am Bodensee, ein Seenpapier zur
Reduzierung und Vermeidung von Mikroplastik und Plastikmüllverschmutzung in und an Seen
formuliert. Das Seenpapier enthält eine freiwillige Selbstverpflichtung, die Kommunen auffordert, Seen
und ihre Zuflüsse vor der Verschmutzung mit Kunststoffabfällen und Mikroplastik zu schützen und
Maßnahmen zu ergreifen, die verhindern, dass der Müll überhaupt anfällt. Kommunen können im
Rahmen der freiwilligen Selbstverpflichtung festlegen, welche Mittel sie bis wann ergreifen wollen.
Wichtigster Aspekt der Selbstverpflichtung ist es, mit gutem Beispiel voranzugehen und Bürger*innen
aktiv einzubinden. Dabei werden die Kommunen von der Bodensee-Stiftung unterstützt. Marion
Hammerl, Geschäftsführerin der Bodensee-Stiftung, sagt: „Die freiwillige Selbstverpflichtung ist kein
Lippenbekenntnis, sondern ein Startschuss, um frühzeitig am Bodensee weitere Mikroplastikeinträge zu
vermeiden.“ Das Seenpapier beschreibe die aktuelle Problemlage und sei vor allem ein Werkzeug für
Kommunen. „Forderungen allein helfen der Umwelt und dem See wenig,“ so Hammerl weiter. „Wir
wollen mit dem Seenpapier den Kommunen ein Werkzeug an die Hand geben, das Maßnahmen
beschreibt, was konkret getan werden kann.“ Die in einer Matrix vorgestellten Maßnahmen sind
untergliedert in unterschiedliche Bereiche des öffentlichen Lebens und reichen von Angelsport bis
Wochenmarkt. Für alle 15 beschriebenen Bereichen werden Beispiele genannt, was Kommunen
unternehmen können. Die Matrix versteht sich als Anregung, Erläuterung und Hilfestellung für die
Entwicklung einer eigenen Umsetzungsstrategie. Die Kommunen im Einzugsgebiet des Bodensees
haben die Selbstverpflichtung, das Seenpapier und die Matrix zugeschickt bekommen. Die BodenseeStiftung unterstützt die Kommunen in den kommenden Jahren bei der Planung und Umsetzung von
Maßnahmen und hofft auf eine enge Partnerschaft im Kampf gegen die Bedrohung Mikroplastik.
Vom Bodensee in die ganze Welt – aus dem Seenpapier wird ein globales „Lake Paper“
Seen in Deutschland sind nicht die einzigen Gewässer, die von Mikroplastik- oder Plastikmüllverschmutzung betroffen sind. Das am Bodensee entwickelte Seenpapier dient deshalb als Vorlage für
andere Seenregionen weltweit. Udo Gattenlöhner, Geschäftsführer des Global Nature Fund, beschreibt
die Situation so: „In Deutschland kennen wir die Belastungen relativ genau und haben technische
Möglichkeiten, Mikroplastik zu vermeiden. In vielen anderen Seenregionen der Welt sind die
Voraussetzungen deutlich schlechter. Das Heimtückische an Mikroplastik ist seine Unsichtbarkeit. Hier
hilft uns das Seenpapier, das auch Plastikmüll als eine Quelle von Mikroplastik aufgreift.“ Der Global
Nature Fund verbreitet das Dokument als „Lake Paper“ unter den Mitgliedern des von ihm koordinierten
globalen Netzwerks Living Lakes und unterstützt so Kommunen in Seenregionen weltweit.
Kommunen sind Schlüsselakteure bei der weltweiten Reduzierung und Vermeidung von Mikroplastik
und Plastikmüllverschmutzungen an Seen. Sie können mit gutem Beispiel vorangehen, Konzepte
entwickeln und über Öffentlichkeitsarbeit ihre Bürger*innen erreichen. Der Global Nature Fund und die
Bodensee-Stiftung erwarten ein starkes Zeichen der Kommunen und zahlreiche Unterzeichnungen des
Seenpapiers – erst am Bodensee, dann weltweit.