Erstes virtuelles Forum Behinderung

Kameras
Das erste virtuell-digitale Forum Behinderung fand mit Live-Übertragung der Verdolmetschung in Gebärdensprache und mit Untertiteln statt. Beeindruckende Projektbeispiele und Praxiserfahrungen wurden vorgestellt - aus dem Nationaltheater, aus dem Bereich des Sports und aus dem öffentlichen Raum. Anlass genug für Oberbürgermeister Dr. Peter Kurz zu erklären: "Mannheim will eine inklusive Stadt sein".

Anlass für die Präsentation war die Vorlage eines ersten Zwischenberichtes der Verwaltung zu allen Maßnahmen für Barrierefreiheit, die die Beauftragte für die Belange von Menschen mit Behinderungen, Ursula Frenz, mit einem verwaltungsinternen Arbeitskreis zusammengetragen hatte.

Moderiert von Rosa Omeñaca Prado diskutierten Expert*innen aus den Bereichen Kultur, Sport und Stadtraumservice, wie eine barrierefreie Stadt für alle funktioniert. „Es wurde schon viel erreicht, aber es gibt auch noch viel zu tun“, so das Fazit des Oberbürgermeisters nach ssion nach der Internetveranstaltung. Völlig beendet wird diese Umgestaltung nie sein. „Es ist ein Prozess der ständigen Veränderung für die gesamte Stadtgesellschaft, so der OB weiter.“ Denn die Verwaltung könne diese Umgestaltung nicht alleine leisten. Es gehe um eine Veränderung des Bewusstseins und einer gemeinsamen Verantwortung vieler Teile der Stadtgesellschaft.

Ein Allheilmittel für Barrierefreiheit und Inklusion gibt es nicht. „Es sind verschiedene Gruppen mit oft unterschiedlichen Bedürfnissen“, erklärte Ursula Frenz. Ein erstes Zwischenziel wurde dabei längst erreicht. „Wir sind mittlerweile mit allen Gruppen im Gespräch.“ Und in einem Arbeitskreis der Verwaltung mit 20 Fachbereichen und sechs Beteiligungsgesellschaften wurde in mehreren Sitzungen erörtert, wie Inklusion im jeweiligen Bereich umgesetzt wird. Die Aufgabe für die kommenden Jahre sind dabei klar umrissen: „Wir werden weiter geduldig und mit kühlem Kopf aber heißem Herzen auf alle zugehen, um weitere Verbesserungen zu erzielen“, so Frenz. Schnittstellen gebe es schließlich genug. „Das Thema Inklusion betrifft fast alle strategischen Ziele, die sich die Stadt gesetzt hat“, erklärte der Oberbürgermeister.

Das Nationaltheater Mannheim hat bereits Überlegungen für einen barrierefreien Zugang für möglichst alle Menschen in der Stadt. „Wir beanspruchen schließlich für uns, dass wir Spiegel der Gesellschaft sind“, erklärte Schauspiel-Intendant Christian Holtzhauer, der durchaus Nachholbedarf in seinem Haus sah. Die Anforderungen an Barrierefreiheit seien allerdings bereits in die Generalsanierung des denkmalgeschützten Hauses am Goetheplatz eingeflossen. „Beispielsweise werden die Induktionsschleifen erweitert und wir werden damit bessere Möglichkeiten für hörbehinderte Menschen bieten können.“ Barrierefreie Zugänge für Rollstuhlfahrer*innen seien ein weiterer Punkt, der mit dem Umbau verbessert werde. Das Junge Nationaltheater ist auf einem guten Weg, mit dem Stück „Performing Family“, für Zuschauer*innen ab zehn Jahren, in dem auch Gebärdendolmetscher*innen und Darsteller*innen mit körperlicher Behinderung Teil des Teams sind, so Intendantin Ulrike Stöck. Ein wichtiger Schritt, unterstrich Holtzhauer: „Wenn wir entsprechende Stücke und auch direkt betroffene Darsteller*innen ins Programm aufnehmen, ist das ein Zeichen.“

Dass die Wünsche der verschiedenen Gruppen teilweise diametral gegenüber stehen erklärte Christa Backhaus-Schlegel vom Eigenbetrieb Stadtraumservice. So wünschen sich Rollstuhl- und Rollator-Nutzer*innen möglichst ebenerdig abgesenkte Bordsteinkanten für die sichere Straßenüberquerung an Kreuzungen. „Sehbehinderte und blinde Menschen wünschen sich hingegen deutliche Kanten, die sie mit ihrem Stock gut wahrnehmen können.“ Ein Konflikt, der nur im Kompromiss zu lösen sei. Dabei helfe die möglichst genaue Absprache mit den Akteur*innen in eigener Sache im Vorfeld. Davon berichtete Rheinaus Quartiermanagerin Dr. Christiane Rudic: „Gerade bei der Marktplatz-Umgestaltung haben wir alle Beteiligten von Anfang an mit einbezogen und dadurch gute Planungsvorschläge bekommen.“ Planungen, wie sie auch für alle Haltestellen in der Stadt bereits vorliegen. „Aber wir haben rund 350 Haltestellen und wir können aufgrund begrenzter Ressourcen etwa fünf davon pro Jahr barrierefrei umgestalten. Man sieht also, dass uns diese Aufgabe noch lange begleiten wird“, so Backhaus-Schlegel.

Um noch mehr Talenten die Tür zu den Sportvereinen zu öffnen, hat sich Mannheim für die Ausrichtung der Special Olympics für Menschen mit geistiger und Mehrfachbehinderung beworben und den Zuschlag für das kommende Jahr erhalten. „Das ist die erste inklusive Veranstaltung dieser Größenordnung in der Stadt“, freute sich Organisatorin Svenja Koch aus dem Fachbereich Sport und Freizeit. Im Sommer 2021 werden rund 2.000 Athlet*innenen und ihre Begleitpersonen auf 16 Mannheimer Sportstätten verteilt und sich in ihren Disziplinen messen. Ein Gewinn für alle. Für die Athlet*innen, für die Stadt, aber auch für die Vereine, die nicht nur Helfer*innen und Sportanlagen stellen, sondern sich teilweise erstmals für das Thema Inklusion geöffnet haben, ergänzte Kollegin Violetta Zobel.

Es ist also bereits einiges in Bewegung, aber die Arbeit ende damit nicht, so Ursula Frenz. Im Gegenteil. „Aus den Vorschlägen und Anregungen erarbeiten wir das Handlungskonzept Inklusion und Barrierefreiheit. Ziel ist, diese bis Ende 2021 dem Gemeinderat vorzulegen.“ Damit sollen Schwerpunkte auf dem Weg ins Jahr 2030 gesetzt werden. Die Bürgerbeteiligung sei dabei ein wichtiger Baustein, ergänzte Dr. Claudia Mauser aus dem Fachbereich Demokratie und Strategie. Gemeinsam verwiesen sie auf das Beteiligungsportal unter www.mannheim-gemeinsam-gestalten.de. Dort wird über die Beteiligungsmöglichkeiten berichtet. „Dieses Forum war der Auftakt für die Bürgerbeteiligung. Machen Sie mit! Beteiligen Sie sich“, rief Frenz zum Abschluss die gesamte Mannheimer Stadtgesellschaft auf.