Slow Food Deutschland hat am 05.04.2024 im Rahmen der „Slow Food Messe – Markt des guten Geschmacks“ auf der Landesmesse Stuttgart den Ursula Hudson Preis 2024 an die „Kulturland Genossenschaft“ Schwäbisch Hall vergeben. Die Kulturland Genossenschaft setzt sich ein für eine gemeinschaftliche Finanzierung von Landkäufen, damit ein faires „Beackern“ von Boden Zukunft hat, Familienbetriebe erhalten bleiben und nachhaltigen Gründern der Weg geebnet wird. Die Laudatio hielt Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel.
Slow Food würdigt den Einsatz der „Kulturland Genossenschaft“ Schwäbisch Hall, für die stellvertretend Stephan Illi und Stephanie Wild gekommen waren, als „Ein Engagement, das aus Slow-Food-Sicht nicht zuletzt aufgrund aktueller Entwicklungen hinsichtlich Bodenspekulation und daraus folgender starker Preissteigerungen ein wichtiges Gegengewicht bildet.“ Weiter wurde ausgeführt: „Der Zugang zu Boden wird zunehmend eingeschränkt, da immer mehr außerlandwirtschaftliche Investoren und große Landbetriebe Ackerland kaufen, was zu einer Verdreifachung der Preise in den letzten Jahren geführt hat. Für viele wird der Bodenerwerb damit unerschwinglich. Über eine gemeinschaftliche Finanzierung wie die der Genossenschaft bietet sich die Chance, auch Familienbetrieben und nachhaltigen Gründern den Landerwerb zu ermöglichen. Die Ernährungswende muss auf den Äckern stattfinden, wenn diese aber nicht mehr zugänglich sind, wird es problematisch.“
Auch Tanja Busse, Leiterin des Kuratoriums, unterstrich anlässlich der Preisverleihung: „Durch die Landkäufe erleben wir in manchen Gegenden geradezu eine Refeudalisierung des Landes. Die Frage, wem das Land gehört und wer es wie bewirtschaftet und wie viele Menschen dabei mitgestalten, das alles hat eine riesige Bedeutung für die Lebendigkeit der ländlichen Räume. Und damit letztlich auch für die Demokratie. Wir danken der Kulturland Genossenschaft für ihren wegweisenden Einsatz."
Slow Food Deutschland (SFD) rief im Jahr 2021 den Ursula Hudson Preis in Leben, benannt ist dieser Preis nach der langjährigen SFD-Vorsitzenden Ursula Hudson, die 2020 verstarb. Der Preis zeichnet Initiativen der Ernährungswende aus. Der Ursula Hudson Preis ist „eine Auszeichnung für besonderes Engagement für gute, saubere und faire Lebensmittel“. Im Rahmen der Preisverleihung auf der Slow Food Messe Stuttgart wurden alle vier Nominierten vorgestellt, die von einem unabhängigen Kuratorium aus den eingegangenen Bewerbungen ausgewählt wurden.
Die Vorsitzende von Slow Food Deutschland, Dr. Nina Wolff betonte, dass allen Nominierten große Anerkennung gebühre und führte aus: „Die besonderen Herausforderungen unserer Zeit fordern immer wieder kreative und umsichtige Lösungen, welche nicht selten fast unmöglich erscheinen. Die Nominierten erzählen Geschichten, wie es gelingen kann – stellvertretend für viele andere Menschen, die die Ernährungswende vorantreiben. Nicht zuletzt genau diese Anstrengungen zeigen uns, dass positive Veränderungen möglich sind!"
Die drei weiteren nominierten Projekte waren:
„Bio für Kinder“ in und rund um München, vertreten durch Daniela Schmid und Allegra Engler, ein Projekt, das zeigt wie die Umstellung auf gesundes und ökologisches Essen, das gut schmeckt, gelingen kann und setzt dabei auf Ernährungsbildung über Online-Tools sowie kostenlose Schulungen und Beratung von Kindergärten und Schulen.
Zudem waren Daniel Bischoff von der Bio Hof Würde GbR und Nadia Bremer und Claas Grünhagen vom Biohof Bremer nominiert, junge Landwirte, die sich nahe Bremen in einer wirtschaftlich schwachen Region Niedersachsens zusammengeschlossen und regionale Vermarktungsstrukturen aufgebaut haben, die eine große Vielfalt anbieten.
Außerdem nominiert war das „Kartoffelkombinat“ aus München, das Vorzeigecharakter hat, weil es den Mitstreiterinnen und Mitstreitern gelingt, genossenschaftliche Lebensmittelproduktion auch in großem Maßstab gut, ökologisch und fair umzusetzten. Sie versorgen, so berichtete Daniel Überall, aktuell rund 2.500 Münchner Haushalte mit regionalen, saisonalen Produkten. So können bereits jetzt ca. 5000-6000 Menschen von diesen Naturschätzen profitieren.
Die Mitglieder des Kuratoriums sind die Autorin und Moderatorin Dr. Tanja Busse, Misereor-Hauptgeschäftsführer Pirmin Spiegel, die Slow-Food-Engagierte Barbara Assheuer, die Vorsitzende der Freien Bäcker Anke Kähler und Caroline Barth vom Bioland-Betrieb Gut Wilhelmsdorf und ehemals aus der Leitung von Slow Food Youth Deutschland.
Dr. Frauke Fischer, mehrfach ausgezeichnete Wissenschaftlerin, die an de rUniversität Würzburg lehrt, Diplom-Biologin, Expertin für Biodiversität, Unternehmerin und Autorin wies in ihrem Vortrag darauf hin, dass 24 Hektar Böden täglich verloren gingen in Deutschland und 3-4 Tonnen pro Erdenbürger pro Jahr. Sie betonte, dass Humus als Grundlage unseres Lebens besonderen Schutz brauche. Und sie ließ auch einfließen, dass von den 400.000 Pfanzenarten auf der Erde etwa 200.000 essbar seien, 200 davon würden angebaut. Die Welternährung basiere auf nur 3 Pflanzenarten, Reis, Mais und Weizen, was Risiken berge. Und sie wies darauf hin, dass mit der Menge an Nahrungsmitteln, die insgesamt weltweit angebaut werden, die Weltbevölkerung ernährt werden könnte, das meiste erreiche nur nie die Teller.
Text und Foto: Diana Rasch