Mannheimer Kraftwerk von Umweltaktivisten besetzt

IMG 2959 neuWolf H. Goldschmitt

Mannheim. Großeinsatz der Polizei bei Morgengrauen: Umweltaktivisten vom Bündnis "Ende Gelände" blockieren am frühen Samstagmorgen die Haupteinfahrt zum Mannheimer Großkraftwerk (GKM). Gleichzeitig überwinden rund 40 Kohlegegner den Zaun unterhalb des Förderbandes von Block 9 und dringen in das Werkgelände ein. Danach klettern sie einen Turm hinauf, hängen Plakate gegen Kohlestrom auf und harren zwölf Stunden in luftiger Höhe aus.
Der Pförtner staunt nicht schlecht als sich gegen 5.30 Uhr an der Auffahrt zum Kraftwerk rund 50 junge Menschen in weißen Maleranzügen niederlassen. Die Überraschungsaktion sollte laut Organisatoren dazu dienen, den Nachschub an Kohle für Block 9 zu unterbrechen und den Betrieb des "1,2-Milliarden-Monsters" innerhalb der nächsten zehn Stunden lahm zu legen. Doch abgesehen von der Öffentlichkeitswirksamkeit dieses frühmorgendlichen Einsatzes haben die Demonstranten etwas nicht wissen können: Das Förderband ist seit Tagen wegen Wartungsaufgaben nicht im Einsatz.
"Wir protestieren gegen den gigantischen CO2-Ausstoß der Anlage", erklärt Philipp Bergmann die lange vorbereitete Aktion. Angesichts der Untätigkeit der Politiker sehe man sich zu solchen Schritten gezwungen. Wenn die deutsche Bundesregierung nicht den sofortigen Kohleausstieg einleite, "verspielen wir unsere Chance, die Erderhitzung auf 1,5 Grad zu beschränken". Das GKM Mannheim allein sei für acht Prozent der CO2-Emissionen in Baden-Württemberg verantwortlich, so Bergmann weiter. Auf den Spruchbändern der teilweise vermummten Demonstranten steht deshalb: "Legt das Großkraftwerk Mannheim endlich still!" oder "Bagger sind zum Spielen da". Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienste sind binnen kurzer Zeit mit über 20 Fahrzeugen vor Ort. Und müssen aber warten, bis die Verantwortlichen im Management des GKM eintreffen. Das dauert in diesem Fall mehrere Stunden. Da es sich beim Stromproduzenten um ein Privatgelände handelt, können die Ordnungshüter nur nach einer Strafanzeige des Unternehmens einschreiten. "Um jedes zusätzliche Risiko auszuschließen, wird auf eine Räumung der Plattform am Förderband verzichtet", heißt es im späteren Statement des GKM. Bis eine Entscheidung der Führungsebene gefallen ist, herrscht entspannte Stimmung vor dem Werkstor und an einer offiziell angemeldeten Mahnwache am Verkehrskreisel zur Altriper Fähre. Im Schatten des Blocks 9 lagern die überwiegend weiblichen Aktivisten auf Isomatten. Manche holen bei angenehmen Temperaturen versäumten Schlaf nach oder trinken gemütlich Kaffee. Sie kommen aus allen Regionen des Landes und waren sehr früh aufgestanden, um für Klimagerechtigkeit auf die Straße zu gehen. Ihre Pause dauert lange. Erst kurz vor 11 Uhr beginnen erste Abzugsverhandlungen mit den Aktivisten. Nach einer Stunde Diskussionen einigen sich die "Besucher" und der GKM-Vorstand auf ein friedliches Ende der Aktion am Abend. Um 17.58 Uhr schließlich teilt die Einsatzleitung der Polizei über Funk mit: Die Aktivisten haben soeben das Werksgelände verlassen. Die Abschlusskundgebung der Umweltaktivisten in der Mannheimer Innenstadt verläuft nach Polizeiangaben ebenfalls ohne Zwischenfälle und wird gegen 19.15 Uhr beendet.

Ein kurzer Film über die Aktion der Aktivisten:

https://www.youtube.com/watch?v=xPlwIwjnzIc