Stammzell-Transplantation: 600 Quadratmeter Lebensinsel

K1024 csm KMT1 1edf5af3f2Noch sehen die beiden neugebauten Stockwerke am Neckarufer auf den ersten Blick aus wie eine ganz normale Baustelle. Doch bis Sommer 2017 entstehen dort acht miteinander verbundene ‚Lebensinseln‘ für Stammzell-Transplantations-patienten der Universitätsmedizin Mannheim (UMM). Gesundheits-Bürgermeisterin Dr. Ulrike Freundlieb hat sich jetzt gemeinsam mit den Stammzell-Transplantationsspezialisten der UMM über den aktuellen Stand des über 7 Millionen Euro teuren Bauprojekts informiert.

„Der Rohbau ist fertig, das Gebäude ist ‚wetterdicht‘“, berichtet Thomas Schumacher, Leiter des Geschäftsbereichs Technik der UMM. „Aktuell dichten wir das Dach ab, arbeiten an der Fassade und haben mit dem Innenausbau begonnen.“

Und genau dort liegen die besonderen Herausforderungen des rund 1.800 Quadratmeter großen Erweiterungsbaus, der über dem Tages-Therapiezentrum auf dem vorhandenen Haus 9 entsteht, erläutert Professor Dr. med. Wolf-Karsten Hofmann, Direktor der III. Medizinischen Klinik: „Zur Transplantation von Stammzellen müssen wir das Immunsystem unserer Patienten unterdrücken. Weil dann schon wenige Keime lebensbedrohliche Komplikationen hervorrufen können, filtern wir die gesamte Raumluft und sorgen mit aufwändigen Maßnahmen dafür, dass auch durch Wasser oder Abwasser möglichst wenig Keime zu den Patienten gelangen können.“

Diese speziellen Hygienemaßnahmen gelten nicht nur für die acht rund 22 Quadratmeter großen Einzelzimmer mit jeweils eigenem Sanitärbereich, sondern für die gesamte Station: Sie steht unter leichtem Überdruck und kann nur über Luftschleusen von außen betreten werden. Auch auf den Fluren und im Aufenthaltsraum gelten die gleichen maximalen Hygienestandards wie in den Zimmern. So können sich die Patienten künftig in einer rund 600 Quadratmeter großen, extrem keimarmen ‚Lebensinsel‘ frei bewegen, andere Patienten treffen und Besucher empfangen. „Man kann sich gut vorstellen, welchen Gewinn an Lebensqualität das bei einem bis zu zehnwöchigen Aufenthalt bedeutet“, betont Bürgermeisterin Dr. Freundlieb und ergänzt: „Schließlich müssen Stammzell-Transplantierte heute in den meisten Kliniken noch ihre gesamte Zeit in einem einzigen Raum verbringen.“

Auf der neuen Station sollen vor allem allogene Transplantationen durchgeführt werden, bei denen die verpflanzten Zellen nicht vom Patienten selbst, sondern von einem Spender stammen. „Wir haben besondere Erfahrung darin Patienten zu transplantieren, für die kein passender Spender gefunden werden konnte“, berichtet Privatdozent Dr. med. Stefan Klein, Leiter der Stammzell-Transplantation an der UMM. „Seit wir als eine der ersten Kliniken in Deutschland haploidente – also nur halb passende – Stammzellen transplantiert haben, ist der Anteil dieser hoch komplexen Eingriffe in Mannheim auf fast ein Viertel angestiegen.“ Stammzell-Transplantationen werden vor allem bei den lebensbedrohlichen Erkrankungen Akute Myelotische Leukämie (AML) und Myelodysplastisches Syndrom (MDS) nötig.

„Für diese oft lebensrettenden Eingriffe verdoppeln wir ab Sommer 2017 unsere Kapazität. Dann können wir rund 60 Patienten pro Jahr behandeln“, betont der Ärztliche Direktor und Geschäftsführer der UMM, Professor Dr. med. Frederik Wenz. „Mein Dank gilt dem Sozialministerium Baden-Württemberg, das rund zwei Drittel der Baukosten übernimmt, und den Patienten und Mitarbeitern des Tagestherapie-zentrums für ihr Verständnis für die leider unvermeidlichen Beeinträchtigungen durch die Bauarbeiten.“

Die neue Stammzell-Transplantationseinheit ergänzt eine vorhandene Station mit bisher sieben Betten und ist in das Gesamtkonzept der III. Medizinischen Klinik eingebettet. Die Ärzte und Pflegekräfte der III. Med. behandeln Patienten mit dem gesamten Spektrum an Blutkrankheiten sowie bösartigen Tumorerkrankungen. Daneben stehen die Erforschung und Weiterentwicklung von Therapiemethoden für diese Patienten im Zentrum ihrer Arbeit.

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