Tätigkeitsbericht der Betreuungsbehörde spricht eine deutliche Sprache: Mehr Aufgaben, steigende Fallzahlen und wachsende Herausforderungen

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Tätigkeitsbericht der Betreuungsbehörde spricht eine deutliche Sprache:

Mehr Aufgaben, steigende Fallzahlen und wachsende Herausforderungen

Der Tätigkeitsbericht der Betreuungsbehörde des Rhein-Neckar-Kreises zeigt eine deutliche Zunahme an Aufgaben und Fallzahlen. Mit der Reform des Betreuungsrechts zum 1. Januar 2023 wurden der Behörde zahlreiche neue Zuständigkeiten übertragen. Gleichzeitig ist die Zahl der Betreuungen in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen – das wurde bei der Präsentation des Berichts in der Sitzung des Ausschusses für Soziales des Kreistags deutlich.

Neben der bisherigen Unterstützung des Betreuungsgerichts, der Beratung über Vorsorgevollmachten und der Begleitung von ehrenamtlichen Betreuenden kamen durch die Reform weitere Aufgaben hinzu. So fungiert die Betreuungsbehörde nun unter anderem als Stammbehörde für Berufsbetreuende, übernimmt die Prüfung der Erforderlichkeit von Betreuungen bei Verlängerungen und fördert die Aufklärung über Patientenverfügungen. Ein besonderes Augenmerk liegt zudem auf der unterstützten Entscheidungsfindung. Seit der Reform steht nicht mehr das objektive Wohl der Betreuten, sondern ihre individuellen Wünsche im Vordergrund. Dies bedeutet für die Betreuenden einen erheblichen Mehraufwand, da sie jede Entscheidung eng mit den betreuten Personen abstimmen müssen.

Fallzahlen im Rhein-Neckar-Kreis

Die Zahl der Betreuungen im Rhein-Neckar-Kreis ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen. Während 2010 in Baden-Württemberg insgesamt 114.284 Betreuungen geführt wurden, waren es 2022 bereits 120.910. Im Rhein-Neckar-Kreis liegt die Quote aktuell bei etwa 14 Betreuungen pro 1.000 volljährige Einwohnerinnen und Einwohner und damit leicht über dem Landesdurchschnitt. Die absolute Zahl der im Landkreis geführten Betreuungen betrug im vergangenen Jahr 6130, 886 davon wurden neu eingerichtet. Besonders stark gestiegen ist die Zahl der Beratungen: Im Jahr 2024 führte die Betreuungsbehörde 1321 Einzelberatungen zur Vorsorgevollmacht durch. Zudem wurden in 477 Fällen betroffene Personen im Vorfeld einer Betreuung beraten und 777 Unterschriftsbeglaubigungen durchgeführt.

Mangel an ehrenamtlichen und beruflichen Betreuenden

Ein großes Problem stellt der Rückgang ehrenamtlicher Betreuender dar. Während 2019 noch 569 Betreuungen ehrenamtlich geführt wurden, waren es 2024 nur noch 368. Gleichzeitig steigt die Anzahl der beruflich geführten Betreuungen – aber viele Berufsbetreuende gehen in den Ruhestand, während der Nachwuchs für dieses spannende Berufsfeld ausbleibt.

Die mit der Zustimmung des Bundesrates vom 21. März 2025 beschlossene Anpassung der Betreuervergütung soll eine Verbesserung bringen, doch der Landkreistag weist darauf hin, dass die Erhöhung möglicherweise nicht ausreicht, um den Beruf langfristig attraktiv zu halten. Sollte sich die Entwicklung fortsetzen, müsste die Betreuungsbehörde selbst Betreuungen übernehmen – eine Aufgabe, die zusätzliche personelle Kapazitäten erfordern würde. Um den Herausforderungen zu begegnen, setzt die Betreuungsbehörde des Rhein-Neckar-Kreises auf Aufklärung und Vernetzung. Sie organisiert regelmäßig Informationsveranstaltungen, arbeitet mit Betreuungsvereinen zusammen und bietet Schulungen für ehrenamtliche Betreuende sowie Infoveranstaltungen für interessierte berufliche Betreuende an. Zudem engagiert sie sich in landesweiten Arbeitsgruppen zur Weiterentwicklung des Betreuungswesens. „Die Betreuungsbehörde leistet eine enorm wichtige Arbeit für Menschen, die Unterstützung brauchen. Die steigenden Fallzahlen und der Rückgang an ehrenamtlichen Betreuenden zeigen, wie dringend wir Lösungen finden müssen, um dieses System langfristig tragfähig zu halten“, betont Sozialdezernent Fabian Scheffczyk.

Für weitere Informationen steht die Betreuungsbehörde des Rhein-Neckar-Kreises unter www.rhein-neckar-kreis.de/betreuungsbehoerde zur Verfügung.

Die weiteren Themen und Beschlüsse

Zudem befasste sich der Ausschuss für Soziales mit einigen weiteren Themen: Patientenfürsprecher Professor Dr. Dirk Lorenzen informierte ein letztes Mal über seine Tätigkeit und die Tätigkeit der IBB-Stelle. Der Ausschuss bestellte anschließend Dr. Barbara Richter und Gisela Konrad als ehrenamtlich tätige Patientenfürsprecherinnen für den Rhein-Neckar-Kreis für die Dauer von fünf Jahren mit Wirkung vom 1. Juli 2025 und hob die bestehende Bestellung von Professor Dr. Lorenzen auf dessen eigenen Wunsch mit Wirkung zum 30. Juni 2025 auf.

Danach nahmen die Kreisrätinnen und Kreisräte sowohl Kenntnis vom Arbeitsmarkt- und Integrationsprogramm 2025 des Jobcenters Rhein-Neckar-Kreis als auch vom Bericht des Jobcenters zum Zielerreichungsstand der im Jahr 2024 vereinbarten kommunalen Ziele. Im vergangenen Jahr wurde das Ziel die „Verbesserung der Integration von Alleinerziehenden“ erreicht, das Ziel „Aktivierung von Jugendlichen und jungen Erwachsenen bis U25 zur Berufsberatung und Überführung der Beratenen als Bewerber“ jedoch verfehlt. Zudem wurde einstimmig einer neuen Zielvereinbarung zwischen dem Landratsamt Rhein-Neckar-Kreis und dem Jobcenter Rhein-Neckar-Kreis zugestimmt. Nach einem Sachstandsbericht zu den Ergebnissen der Erhebung des Kommunalverbandes für Jugend und Soziales Baden-Württemberg zur Hilfe zur Pflege für das Jahr 2023 beschloss der Ausschuss für Soziales einstimmig die Fortschreibung der Konzeption zum Pflegestützpunkt im Rhein-Neckar-Kreis und beauftragte die Verwaltung mit der Umsetzung. Ebenfalls zur Kenntnis genommen wurde ein Sachstandsbericht zu den Unterstützungsangeboten im Alltag im Rhein-Neckar-Kreis.

Zum Ende der Sitzung befassten sich die Kreisrätinnen und Kreisräte noch mit finanziellen Förderungen. Der Beschluss über die Verwendung und Auszahlung der im Haushalt 2025 berücksichtigten Förderungen im sozialen Bereich im Bereich Soziales für das Jahr 2025 in Höhe von knapp 2,5 Millionen Euro erfolgte einstimmig – bis auf drei Förderungen, über die auf Antrag der AfD-Fraktion gesondert abgestimmt wurde. Diese drei Förderungen betrafen das Internationale Frauen- und Familienzentrum Heidelberg e.V., PLUS (Psychologisches Lesben- und Schwulenzentrum Rhein-Neckar e.V.) sowie pro familia Heidelberg und wurden mehrheitlich beschlossen.