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Heute vor 80 Jahren wurde John Lennon geboren

ABC
John Winston Lennon, die Keimzelle aus der die größte Rockband der Musikgeschichte entstand, kam am 9. Oktober 1940 zur Welt. Es war während eines deutschen Fliegerangriffs auf die wichtige Hafenstadt Liverpool. Rings um das Krankenhaus detonierten unzählige Bomben und Granaten, aber das Schicksal war gnädig, zu Julia Lennon und ihrem neugeborener Sohn. Sie überlebten und gelangten, unbeachtet von schutzsuchenden und herumirrenden Menschen, unversehrt nach Hause. Etwas mehr als 40 Jahre später, am 8. Dezember 1980, löschte allerdings fünf Schüsse das Leben von John Lennon aus und die Welt trauerte.
Zwischen diesen 40 Jahren lag die schwierige Jugend eines Heranwachsenden und seines komplizierten und trotzdem intensiven, herzlichen Verhältnisses zu seiner Mutter, die mit der Erziehung des Jungen überfordert war und ihn daher in die Obhut ihrer strengen und gefühlsarmen Schwester gab. In diesen Jahren entstand die Begeisterung für die Musik, das Zusammentreffen mit Gleichgesinnten, die Begegnung mit einem gewissen Paul McCartney, aus der eine Zusammenarbeit entstand, die in der Geschichte der Musik wohl einmalig ist und schließlich die Gründung der Beatles, die Band, die größer war als alles, was es davor und danach je gegeben hat. Es folgte die Jahre des Aufstiegs zum Erfolg in ungeahnte Höhen, der irgendwann einmal nicht mehr zu verkraften war. Dann kamen die Jahre der Selbstsuche und endlich die Selbstfindung, an der Seite einer Frau, die noch heute - völlig zu Unrecht - für die Trennung der Beatles verantwortlich gemacht wird.
In diesen Jahren entstand ein musikalisches Werk, das längst zum Allgemeingut der Menschheit geworden ist. Und damit sind nicht nur die mainstreamtauglichen Lieder gemeint, wie „Strawberry Fields forever“, Come together, „Give Peace a Chance“ oder „Imagine“. Mehr noch als in diesen Songs offenbarte John Lennon sein Innerstes in dem herzzerreißenden „Mother“, in dem er seine Eltern, ganz besonders seine Mutter anklagt. „Mutter, du hattest mich, aber ich hatte dich nie“, … „Vater du hast mich verlassen, ich habe dich nie verlassen“, um dann am Ende doch zu flehen: „Mama, geh`nicht, … Daddy, come home.“ Oder das musikalische Kleinod „In my Life“, in welchem er über sein Leben sinniert und sich an Menschen und Plätze erinnert, die in seinem Leben wichtig waren und die er immer lieben wird.
Zusammen waren John Lennon und Paul McCartney geniale Songwriter und Komponisten, aber John Lennon war immer mehr bereit in seinem tiefsten Inneren zu wühlen, seine intensivsten Empfindungen mitzuteilen und seine Verletzlichkeit zu offenbaren, wie sein kongenialer Partner. So verletzlich der zweifache Vater auch war, so verletzend konnte er auch anderen gegenüber sein. Sein bissiger Kommentar, außer „Yesterday“ hätte Paul McCartney nichts gemacht, ist nur ein Beispiel davon; die mangelnde Akzeptanz von George Harrisons Kompositionen ein weiteres. Auch Ringo Starr wurde von John Lennons Spott nicht ausgenommen. Als Lennon einmal gefragt wurde, ob Ringo Starr der beste Drummer der Welt wäre, lachte er nur: „Der beste Drummer der Welt? Ringo ist noch nicht einmal der beste Drummer der Beatles!“ Dass bei der Aufnahme von „The Ballad of John and Yoko“ Ringo gar nicht im Studio anwesend war, sondern Paul McCartney das Schlagzeug spielte, lässt die Aussage besonders taktlos erscheinen.
Zum Glück versöhnten sich Paul McCartney und John Lennon, bevor die Schüsse von Mark David Chapman dem Leben des charismatischsten der vier Beatles ein Ende setzte. George Harrison widmete ihm den Song „All those Years ago“, in dem er gestand, dass er zu John Lennon aufgesehen habe. Und Ringo Starr besang seine Freundschaft zu John Lennon in „Liverpool 8“.
Viele sehen in John Lennon den Größten der Beatles – das mag sein. Aber groß konnte er nur durch die Beatles und seine drei anderen Bandkollegen werden, durch George Harrison, dessen außergewöhnliches Gitarrenspiel ihn vom ersten Augenblick des Kennenlernens imponierte, durch Ringo Starr, den oft unterschätzten, aber trotzdem herausragenden Schlagzeuger, der den eher durchschnittlichen Pete Best ersetzte, gerade als die Band sich anschickte, den Durchbruch zu schaffen. Und nicht zuletzt durch Paul McCartney, der ihn – wie auch umgekehrt – zu Höchstleistungen beim Schreiben von Songs trieb.
John Lennon wusste das auch. Und doch konnte er es irgendwann einmal nicht mehr ertragen, ein Beatle zu sein. John Lennon sprach viele unbequeme Wahrheiten aus und sprach damit vielen Menschen aus der Seele. Er sah vor Jahrzehnten schon vieles richtig, was wir erst heute, vierzig Jahre nach seinem Tod, als richtig erkennen. Aber er irrte sich gewaltig, als er bei der Trennung der Beatles meinte, das wäre keine große Sache. "Es ist nicht das Ende der Welt. Es ist nur eine Band, die auseinander geht.“
Die Beatles waren mehr als eine Band und als am 10. April 1970 Zeitungen das Ende der Beatles bekanntgaben, fühlte es sich damals für die Mehrheit der Jugend dieses Planeten tatsächlich wie das Ende der Welt an. Das Ende ihrer Welt, wie sie sie damals empfanden. Die Beatles gaben mehr als einer Generation eine Stimme, sie drückten in ihren Songs das aus, was Menschen auf der ganzen Welt fühlten, aber nicht selbst dazu in der Lage waren zu formulieren. Ganz besonders sind es die Songs von John Lennon, die tief Beeindruckendes und Berührendes mitteilen. Wie in Imagine: „Stell` dir vor es gäbe keine Länder, stell Dir vor, es gibt nichts für das du töten und sterben musst, … Du magst sagen, ich sei ein Träumer, aber ich bin nicht der einzige.“ Oder in „Merry X-Mas“, seinem zu Herzen gehenden Weihnachtslied: „(Ich wünsche) ein besonders frohes Weihnachtsfest und ein glückliches neues Jahr, lasst uns hoffen, dass es ein gutes Jahr wird, ohne Angst ….“
Heute wäre John Lennon 80 Jahre alt geworden. Was hätte er noch alles schaffen können, hätte nicht ein verwirrter Geist beschlossen, ihn zu töten? Aber das, was er uns hinterlassen hat, ist auch so groß genug und wird es auch noch über Generationen hinweg bleiben.

Gerhard Mertin

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