(GM) Am 14. Juli 1920, heute vor genau 100 Jahren, erschien die erste Ausgabe des „kicker“. Diese Sportzeitung, mit Schwerpunkt Fußball, wurde von Walther Bensemann ins Leben gerufen, von dem „Mann, der den Fußball nach Deutschland“ gebracht hat, wie Bernd-M. Beyer die Biografie betitelte, die er über den Fußballpionier verfasste.
Der am 13. Januar 1873 in Berlin geborene Bensemann hatte das Kicken während seiner Schulzeit auf einer englischen Privatschule in der Schweiz kennengelernt und war augenblicklich davon fasziniert. Er war gerade einmal 14 Jahre alt, als mit einigen Mitschülern den FC Montreux gründete, den es heute, nach mehreren Fusionen unter anderem Namen noch gibt. Auch an die Gründung mehrere deutscher Vereine gehen auf seine Initiative zurück – unter anderem der Karlsruher und später die Vorläufervereine von Eintracht Frankfurt und Bayern München, wenngleich er dort nie selbst ein Amt übernommen hatte. Zudem organisierte er bereits internationale Spiele und schaffte es sogar, englische Mannschaften für „Ländervergleiche“ nach Deutschland zu holen, denn genau das sah er im Fußball: „Ein Symbol der Völker-Versöhnung durch den Sport.“
Selbst bei der Gründung des DFB war Walther Bensemann eine entscheidende und treibende Kraft und gehörte zu den Mitgliedern der Gründungsversammlung. 1920 gründete Bensemann, der schon früh eine Neigung zum Schreiben von Spielberichten spürte, in Konstanz den „kicker“, der zunächst aber nur Beiträge von Fußballspielen aus dem süddeutschen Raum enthielt und mehrere Artikel über den internationalen Fußball. Die erste Ausgabe war gerade einmal 20 Seiten stark. Bereits ein Jahr später zog er mit seiner Redaktion nach Stuttgart um und im Frühjahr 1925 nach Ludwigshafen. Seit dem 1. Oktober 1926 ist der „kicker“ – bis heute – in Nürnberg ansässig.
Bensemann war inzwischen in ganz Europa ein anerkannter Fußballexperte und 1932, beim FIFA-Kongress in Stockholm bezeichnete der schwedische Verbandspräsident den „kicker“ als bestes Fußballmagazin Europas. Doch bald darauf änderte sich das politische Klima in Deutschland und Bensemann, der aus einer jüdischen Familie stammte, wurde mehr und mehr angefeindet, zumal er die Pressepolitik der Nationalsozialisten kritisierte, die sich immer mehr der Gleichschaltung annäherte. Im März 1933 siedelte Walther Bensemann in die Schweiz über; erst Ende Mai berichtete die „kicker“-Redaktion in einer kleinen Notiz darüber.
Frühere Weggefährten und Mitstreiter sagten sich von ihm los – wohl auch um keine Repressalien fürchten zu müssen. Am 12. November 1934 starb Walther Bensemann in Montreux an einem Herzleiden. Die Erwähnung seines Todes und der Hinweis auf seine Beerdigung, wurden im „kicker“ in einen einzigen Satz zusammengefasst.
Erst viele Jahre später fanden Bensemanns Verdienste ihre gebührende Würdigung. 1953 bezeichnete der damalige Herausgeber des „kicker“ die Arbeit Bensemanns als „Vater der höheren deutsch en Sportjournalistik“ und auch der DFB, der sich mit Vergangenheitsbewältigung erfahrungsgemäß schwertut, befasste sich nach der Gründung der Deutschen Akademie für Fußball-Kultur, im Jahr 2004, endlich wieder mit seinem Gründungsmitglied.
Der „kicker“, der heute seinen 100. Jahrestag seiner Gründung feiern kann, wird zu diesem Anlass Walther Bensemann sicher gebührender würdigen, als es bei dessen Tod der Fall war. Er war nicht nur der Mann, der eines der ersten Fußballmagazine des Kontinents gründete, er war auch der Mann, der den Fußball nach Deutschland brachte.