Verfasst von Dres. Ilya Zarrouk
Meine Mutter ist Ostdeutsche, stammt aus Sachsen-Anhalt aus dem schönen Eisleben-Lutherstadt. Als junges Mädchen musste sie mit Ihren Eltern am 10. August 1961 über den schon gezogenen Stacheldraht fliehen. Sie ließen ihre Freunde und meine Verwandten in dem ab 13. August 1961 abgeriegelten ostdeutschen Sektor zurück. Dies kann sich heute kaum noch jemand vorstellen wieviel Millionen Deutsche, ja Europäer ab diesem Zeitpunkt endgültig getrennt waren, was für Leid und vor allem was für Schmerzen persönlicher und gesellschaftlicher Natur damit bis zum 09. November 1989 damit einhergingen. Scheinbar kann sich auch ein Matthias Döpfner (Vorstandsvorsitzender des Springer-Verlages), dass heute nicht mehr vorstellen, was die Trennung von West- und Ostdeutschland in der deutschen Gesellschaft bewirkte nicht nur sicherheitspolitisch, sondern bezogen auf die Frage der deutschen und europäischen Identifikation. Aber Herr Döpfner scheint nur ein Symptom der menschenverachtenden Beleidigung von 12. Mio. Deutschen zu sein, die zwei Diktaturen hinter einander durchleben mussten, die an der Schwelle des Kalten Krieges zum Heißen Krieg lebten und bis zum Fall des Eisernen Vorhangs jeden Tag erleben mussten, neben der ständigen der Versorgungskrise. Hans-Joachim Maaz schreibt in seinem 2020 geschriebenen Buch: „Das gespaltene Land“, das dieser Staat nicht nur in zwei Lager geteilt sei, sondern gesellschaftlich komplett zersplittert ist. Die derzeitige politische Führung hat scheinbar komplett vergessen, dass schon vor 175 Jahren in der Deutschen Revolution 1848/49 die Deutsche Frage der Einheit in Demokratie und Rechtsstaatlichkeit von Heidelberg und Mannheim ausgehend bis nach Frankfurt eine der zentralen Fragen waren, die bis ins 20. Jahrhundert zum 03. Oktober 1990 führte und damit ein sehr lang ersehnter deutscher und europäischer Wunsch in Erfüllung ging, welcher schon Ludwig v. Beethoven in seiner 9. Symphonie offenbarte, nämlich Einheit in Frieden für alle Nationen in Europa und mit Europa. Derzeit erscheint es aber so, dass Europa getrieben durch die Irrationalität der deutschen Führung Europa eher auseinandergeht, genauso wie dass es in sich keine Einheit mehr zu spüren vermag, sondern sich allmählich in gegenseitigen Tiraden aufzulösen scheint und stattdessen eher darüber diskutiert, ob eine doppelte Staatsangehörigkeit zu mehr Integration und Akzeptanz bei Menschen mit Migrationshintergrund führt. Wie aber soll eine gesellschaftliche, soziopolitische Diskussion sich über Integration von Menschen mit Migrationshintergrund entfalten, wenn im inneren unseres Staates 12 Mio. Einheimische als Fremde, ja als Belastung tituliert werden. Sollten wir uns nicht erst einmal ausgiebig damit beschäftigen was uns innerhalb Deutschlands zusammen hält und damit auch möglicherweise die Idee des geeinten Europas, welche Helmut Kohl als ein und dieselbe Medaille gesehen hat. Die Deutsche Einheit als Teil der Europäischen Familie. Derzeit erscheint es so als gebe es weder eine deutsche Einheit noch eine europäische Familie und dies in schwierigen globalen Krisenzeiten. Wir brauchen dringend eine geistig-moralische Wende der politischen Führung unseres Landes.