Ein Wort an unsere Leser
Der Tod von Karla Spargerer hat viele Menschen tief bewegt. Als herausragende Persönlichkeit, geschätztes Mitglied unserer Gemeinschaft und liebenswerter Mensch hinterlässt sie eine Lücke, die schwer zu füllen ist.
Seit der Bekanntgabe ihres Ablebens haben uns zahlreiche Mitleidsbekundungen erreicht – berührende Worte voller Anteilnahme, Dankbarkeit und Erinnerung. Diese Nachrichten zeigen eindrucksvoll, wie viele Herzen Karla berührt hat.
In tiefer Verbundenheit und als Zeichen des Respekts werden wir all diese Botschaften des Mitgefühls und der Erinnerung hier veröffentlichen. Sie sollen nicht nur Trost spenden, sondern auch das Bild einer Frau zeichnen, die durch ihre Art und ihr Wirken unvergessen bleibt.
16.05.2025
Karla Spagerer im Alter von 95 Jahren verstorben
Karla Spagerer, NS-Zeitzeugin und Trägerin des Verdienstkreuzes am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik, ist im Alter von 95 Jahren verstorben.
„Mannheim trauert um eine vorbildhafte Bürgerin, eine leidenschaftliche Kämpferin für unsere Demokratie, eine stolze Waldhöferin und eine große Persönlichkeit“, erklärt Oberbürgermeister Christian Specht zum Tod von Karla Spagerer. „Viele Jahre lang hat sie mit ihren sehr persönlichen Berichten die Erinnerung an die Gräueltaten der Nazi-Zeit lebendig gehalten. In Schulen und auf Veranstaltungen hat sie über die Erlebnisse ihrer Kindheit und Jugend und die Verfolgung ihrer Familie gesprochen, um sie an möglichst viele Menschen weiterzugeben. Jetzt ist eine wichtige Zeitzeugin verstummt – zum Glück hat sie es zuvor ermöglicht, ihre Erfahrungen in Büchern, Interviews und Videos für künftige Generationen festzuhalten. Zeitlebens war sie ihrem Heimatstadtteil und dem SV Waldhof Mannheim eng verbunden. Für ihr großes Engagement und ihre Menschlichkeit danke ich ihr von Herzen – auch im Namen unserer ganzen Stadt.“
Karla Spagerer wurde 1929 in Mannheim geboren. 2022 wurde ihr das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik verliehen. Ihre Eltern betrieben die Arbeiterkneipe „Waldschlössel“, wo sich oft die Freunde der Eltern trafen – darunter Mitglieder der Familien Faulhaber und Lechleiter, die zur kommunistischen Widerstandsgruppe gegen die Nationalsozialisten gehörten.
Ihre Großmutter, eine überzeugte Kommunistin, wurde 1936 von der Gestapo verhaftet und für 18 Monate ins Zuchthaus gebracht, weil sie für notleidende Familien inhaftierter Widerstandskämpfer der Mannheimer „Lechleiter-Gruppe“ Lebensmittel und Geld gesammelt hatte. Auch ihre Eltern waren politisch engagiert, weshalb das Elternhaus mehrmals von der Gestapo durchsucht wurde. Nach dem Tod ihres Ehemanns Walter stieg Karla Spagerers Bedürfnis, sich selbst mehr politisch zu engagieren. 2018 wurde sie zu einer öffentlichen Gesprächsrunde zum Thema „Ausgrenzung von Andersdenkenden und Antisemitismus“ eingeladen und hat dabei von ihren Erfahrungen als Kind während des Zweiten Weltkriegs berichtet. Da sie im Nachgang von mehreren Personen gebeten wurde, dass sie ihre Geschichte auch an Schülerinnen und Schüler weitergeben solle, hat sie Schulen in Mannheim und in der Metropolregion Rhein-Neckar besucht. Auch außerhalb von Schulen berichtete Spagerer als Zeitzeugin des Nationalsozialismus im Rahmen von Veranstaltungen von ihren Erlebnissen.
Stadt Mannheim
2025-05-16 SPD Mannheim trauert um eine große Kämpferin für die Demokratie: Die Trägerin des Bundesverdienstkreuzes Karla Spagerer ist im Alter von 95 Jahren verstorben
Karla Spagerer ist am Morgen des 16. Mai 2025 nach kurzer Krankheit friedlich eingeschlafen.
Der SPD-Kreisvorsitzende Dr. Stefan Fulst-Blei zeigt sich tief berührt: „Die gesamte Mannheimer Sozialdemokratie verneigt sich in Trauer, Dankbarkeit und großem Respekt für ihre Lebensleistung vor dieser großartigen Frau. Unsere Gedanken sind bei ihrer Familie. Als eine der letzten Zeitzeuginnen der nationalsozialistischen Diktatur in Mannheim hat sie es sich in den letzten Jahren immer stärker zur Aufgabe gemacht, aufzuklären und vor einem erneuten Erstarken des Rechtsextremismus zu warnen. Besonders das Gespräch mit jungen Menschen war ihr sehr wichtig. Ich bin dankbar, dass ich sie über dreißig Mal zu Gesprächen mit Schülerinnen und Schülern begleiten durfte. Ob in kleinen Gruppen oder vor 300 Personen: Karla Spagerer hat es immer wieder geschafft, jungen Menschen ihre Erfahrungen in der Diktatur und daraus abgeleitet den Wert unserer Demokratie zu vermitteln. Es war für mich immer ein Erlebnis zu sehen, wie junge Menschen ihr gebannt zuhörten und auch nach 90 Minuten nicht müde wurden, Fragen zu stellen. Ihre oft verwendeten Worte bleiben unser Auftrag: „Und wenn die Demokratie gefährdet ist, dann gehen wir zusammen raus und verteidigen sie. Es lohnt sich!“
Für den SPD-Landesvorsitzenden Andreas Stoch bleibt sie eine große Sozialdemokratin für Mannheim und das ganze Land: „Wir sind stolz und dankbar, sie in unseren Reihen gehabt zu haben. Wir sind dankbar für ihr Engagement bis ins hohe Alter, ihren Einsatz für unsere Demokratie, für ihre Freundschaft, für die sozialdemokratischen Werte, die sie immer vertreten hat. Die SPD Baden-Württemberg hat eine große Mitstreiterin verloren. Ihr Vermächtnis ist ihre große Menschlichkeit und ihr Einsatz für unsere Demokratie. Ich bin dankbar, dass ich einen so großartigen Menschen kennenlernen durfte. Meine Gedanken sind bei ihrer Familie.“
Karla Spagerer, geb. am 27.10.1929 wurde 95 Jahre alt. Sie war über 70 Jahre mit Walter Spagerer, dem ehemaligen SPD-Landtagsabgeordneten und Erster Bevollmächtigter der IG Metall in Mannheim, verheiratet. Nach ihrem Mann ist die Haupttribüne des SV Waldhof Mannheim im Carl-Benz-Stadion benannt. Erst vor einigen Jahren begann sie über ihre Erlebnisse als Mitglied einer Familie, die aktiv im Widerstand gegen den Nationalsozialismus war, zu sprechen. Hierzu besuchte sie in Begleitung des Mannheimer Landtagsabgeordneten und ehemaligen Berufsschullehrers Stefan Fulst-Blei zahlreiche Schulklassen. Im weiteren Verlauf wurde sie zu zahlreichen Veranstaltungen angefragt, wo sie immer wieder eindrücklich ihre Erinnerungen schilderte und aktiv zur Verteidigung der Demokratie und gegen die AfD aufrief. Das Erstarken der Rechtsextremen war es letzten Endes auch, was sie bewegte, ab 2018 aktiv zu werden. 2022 war sie für die SPD Baden-Württemberg Vertreterin bei der Bundesversammlung zur Wahl des Bundespräsidenten. Als ältestes wählendes Mitglied wurde ihr und ihrem Einsatz bundesweite Aufmerksamkeit zuteil. Für ihr Engagement wurde sie am 9. September 2022 von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.
Mannheim. Die Mannheimer Bundestagsabgeordnete Isabel Cademartori trauert um Karla Spagerer. „Karla hat in Mannheim und darüber hinaus viele Menschen erreicht und inspiriert. Ihr Engagement, ihre Energie und vor allem ihre Geschichte sollten wir uns alle zum Vorbild nehmen. Ich selbst durfte viel von ihr lernen und bin dankbar für die Zeit, die wir gemeinsam verbringen konnten. Karla hat sich unermüdlich gegen rechtes Gedankengut, für soziale Gerechtigkeit und die Rechte der Schwächsten in unserer Gesellschaft eingesetzt. Ihr Wirken hat tiefe Spuren hinterlassen, und es ist unsere Aufgabe, ihr Erbe zu bewahren und weiterzuführen. Ich hoffe, dass wir ihre wertvolle Arbeit in Mannheim fortsetzen können. Möge sie in Frieden ruhen.“