Mannheim: Marcel Seegert verlässt seinen Herzensverein – war das unvermeidlich?

Mannheim: Marcel Seegert verlässt seinen Herzensverein – war das unvermeidlich?

Marcel Seegert 2025Schock für die Fans des SV Waldhof – Cello wechselt zum SSV Ulm
(GM) Marcel Seegert ist ohne Zweifel das, was man eine Waldhof-Ikone nennt. Der 31-Jährige hat beim SV Waldhof so ziemlich alles erlebt. Höhen und Tiefen. Zu den Tiefen zählen unter anderem zwei verpasste Aufstiegsrelegationen, wobei er im Elfmeterschießen beim SV Meppen auch noch seinen Versuch an den Pfosten setzte. Zu den Höhen gehören selbstverständlich der Aufstieg in die 3. Liga, in der Saison 2018/19 unter Trainer Bernhard Trares, aber auch der 2:0-Sieg im DFB-Pokal der Saison 2021/22 gegen Eintracht Frankfurt, den „Cello“ mit einem sehenswerten Kopfballtreffer zum 1:0 einleitete. Und wenn Marcel Seegert Tore erzielte, waren es durchaus auch Treffer Marke „Tor des Monats“, wie sein Tor zum 3:0 beim 4:2-Erfolg gegen den SV Sandhausen, in der Saison 2023/24, als er aus 25 Metern volley mit links in den Winkel traf, oder der unglaubliche Schuss aus 30 Metern, ebenfalls in den Winkel, im Spiel gegen Münster, mit dem er dem SV Waldhof ein 2:2-Unentschieden rettete.

Zu den Tiefen gehört aber auch, dass er in der vergangenen Saison öfters auf der Bank Platz nehmen musste und seinen Stammplatz verlor. Das nahm er hin, weil er sich immer in den Dienst der Mannschaft stellte und keine negative Stimmung ins Team bringen wollte. Zu Beginn der neuen Saison musste er unter Trainer Dominik Glawogger auch noch die Kapitänsbinde abgeben. Man kann sich gut vorstellen, wie das den langjährigen Kapitän traf. Diesen Schritt kann man aus Trainersicht auch noch verstehen, da ein Spieler, der wohl nicht regelmäßig in der Startelf stehen wird, das Kapitänsamt nicht vernünftig ausüben kann. Das akzeptierte Marcel Seegert auch. Zumal er selbst bestimmt am besten weiß, dass die vergangene Saison nicht seine beste war. Das trifft jedoch auf einige andere Akteure ebenfalls zu. Nicht umsonst schaffte der Waldhof nur mit Mühe und Not den Klassenerhalt.

Aber am letzten Samstag, zum Saisonauftakt gegen den SC Verl, war das Maß für den Ur-Waldhöfer, der schon in der Jugend das blau-schwarze Trikot getragen hat, wohl endgültig voll. Dass sein Name nicht in der Startformation auftauchte, damit hatte er wahrscheinlich schon gerechnet, möglicherweise sogar damit, nicht zum Einsatz zu kommen. Aber sein Name tauchte auf dem Spielberichtsbogen überhaupt nicht auf – Marcel Seegert stand noch nicht einmal im Kader. Ebenso wurde der Name Terrence Boyd vermisst.

Sicher, ein Trainer muss seine Mannschaft nach seiner Bewertung aufstellen und diese Aufstellung hat er zu verantworten, Profifußball ist nun einmal leistungsorientiert. Aber kritisieren darf man die Art und Weise, wie mit einem gestandenen, vereinstreuen Spieler umgegangen wird. So einem Spieler, der so viele Jahre in einem Verein ist, der fast immer Stammspieler war – und Kapitän, sollte ein Trainer zumindest ein paar Minuten Zeit widmen und mit ihm sprechen. Marcel Seegert ist schließlich nicht irgendein Spieler, er hat beim SV Waldhof einen besonderen Stellenwert. Den hat er sich erarbeitet und verdient. Und natürlich muss ein Trainer seine Entscheidungen nicht immer rechtfertigen, aber sprechen sollte er schon mit so einem verdienten Spieler. Das ist offenbar nicht geschehen. Als Dominik Glawogger in der Pressekonferenz vor dem Spiel gegen Verl nach Seegert und Boyd gefragt wurde antwortete er, er hoffe, „dass Terrence dranbleibt und dass er in dieser Saison noch wichtig für uns werden wird“.

Über Marcel Seegert sprach er nicht. Das lässt - ohne mit dieser Aussage Öl ins Feuer gießen zu wollen - nicht unbedingt darauf schließen, dass der Ex-Kapitän auf eine realistische Chance für Spieleinsätze hoffen durfte.

Daher blieb ihm wohl keine andere Wahl, als sich zu einem Wechsel zu entschließen. Wer Marcel Seegert kennt, weiß, dass er intensiv mit sich gerungen haben muss, um diese Entscheidung zu treffen. Noch vor nicht allzu langer Zeit wäre es kaum vorstellbar gewesen, dass er „seinen“ SV Waldhof verlässt, um zu einem anderen Verein zu wechseln. Er war, nein, er bleibt, eine Identifikationsfigur beim SV Waldhof, als solche hat ihn der Geschäftsführer Sport, Gerhard Zuber, bezeichnet. Aber eine Identifikationsfigur lässt man nicht so einfach gehen. Marcel Seegert ist 31 Jahre alt und damit sicher noch nicht zu alt für Profifußball in der 3. Liga. Und er war immer wertvoll für die Mannschaft, als ein Spieler, der nie aufgab, der motivierte, der seine Mitspieler antrieb und aufmunterte – auch noch von der Bank; eben ein Kapitän und hätte man ihm eine Perspektive geboten, hätte man ihm das Gefühl gegeben, dass man immer noch auf ihn setzte – er wäre nie gegangen.

Aber das haben wohl Trainer und Sportliche Führung nicht getan und sind somit verantwortlich für Marcel Seegerts Entscheidung.
Obwohl Dominik Glawogger noch nicht lange Trainer beim Waldhof ist, schwärmt er doch immer wieder von der tollen Atmosphäre im Carl-Benz-Stadion und von der Energie, die von den Fans ausgeht. Es bleibt abzuwarten, mit welcher Energie die Fans auf den Weggang des letzten „echten“ Waldhöfers reagieren.